Ja, schnell, zurück aufs Sofa. Husch, husch. Beruhigungstee kochen und Köpfe zusammenstecken. Westernrassen erfreuen sich großer Beliebtheit, denn Westernreiten suggeriert ja automatisch sehr pferdebezogene Reiterei, die schonend und freundlich sein soll. Außerdem ist das ja viel weniger straff und organisiert als das Englischreiten, das so steif und uncool ist. Umso mehr Leute steigen jetzt um – auch gerne mit Pferd. Das kaufen sie sich dann. Am liebsten natürlich günstig. Westernsattel drauf und los – fertig ist das Westernpferd. Was, das stimmt nicht? Gut! Denn heute müssen wir mal darüber reden, was Westernpferde nicht sind:
Westernpferde sind nicht automatisch schusssicher und lieb
– Westernpferde sind auch nur Pferde. Ganz normale Pferde. Die sind so sicher oder schreckhaft, wie jedes andere Pferd auch. Je nachdem, wie viel Mühe man sich mit ihrer Desensibilisierung gibt. Es gibt sowieso nicht nur “das Westernpferd”.
Westernpferde sind nicht an einer Rasse festzumachen
– … sondern an ihrer Ausbildung. Ich kann nicht meinem Galopper einen Westernsattel draufknallen und sagen: Das ist ein Westernpferd. Der englisch gerittene Quarter wird auch nicht mit Westernpferd. Und der Paint macht auch nicht nur deswegen einen Sliding Stop, weil ich ihn jetzt Western getauft habe
Westernpferde sind nicht immer bunt
– Nur weil es bunt ist, ist es nicht automatisch ein Westernpferd. Die müssen auch nicht zwingend bunt sein, damit sie sich dafür eignen. Ja, sie müssen nicht mal Sonderlack haben, auch wenn manche Leute einem das einreden wollen. Also traut euch auch mit unbunten Pferden aufs Turnier. Und fragt nicht ständig Leute mit Schecken, ob sie Westernreiter sind.
Westernpferde können nicht springen
– Wer sagt das? Ich tippe mal scharf drauf, dass es nur die meisten Reiter nicht können. Oder nicht versuchen. Aber generell kriegt so einen kleinen Sprung jede Kuh hin. Da wird es auch ein Westernpferd können, wenn man es ihm beibringt. Trotzdem sieht man ratlose Westernreiter vor Minihindernissen stehen, nach dem Motto: „Wie soll ich denn DA rüber kommen?“
Westernpferde haben nicht alle so einen Scheißtrab wie die scheintoten Pleasure-Pferde aus Amerika
-Primär schon deswegen nicht, weil das Westernpferd als Rasse nicht existiert und sehr viele verschiedene Arten zum Westernreiten genutzt werden. Aber auch sonst sind nicht alle fußlahm und gehbehindert. Wär ja schlimm, wenn das Zuchtziel Zombiepferde hieße.
Westernpferde müssen nicht ständig mit dem Seilchen rumgescheucht werden
– Kann man, muss man aber nicht. Aber nur weil die Cowboys im Fernsehen das machen, muss der gemeine Westernreiter nicht erst mal eine große Arie Horsemanship vor jedem Ritt starten, damit er aufsteigen darf. Der kann das auch einfach so. Der Lümmel!
Westernpferde sind nicht besser ausgebildet als englisch gerritene Pferde
– Sie sind anders ausgebildet. Auf andere Hilfen. Und unter ihnen gibt es garantiert so viele spinnerige und unerzogene Exemplare, wie unter allen Warmblütern und Vollblütern dieser Welt, die englisch geritten werden. Auch wenn sich Westernreiter das schon mal gerne einbilden. Glaubt mir, ich habe oft bei einem sehr großen Westernturnier ausgeholfen … Genau der gleiche Scheiß.
Foto: Kein Westernpferd. Na, so was!