Was hat mich meine Reitlehrerin damit elendig getriezt: “Fleißig, nicht eilig!” Ihr Standardspruch, wenn ich dem Todesstern mal wieder Beine machen sollte. Leider wurde die dann nur eilig. Nicht fleißig. Weil ich damit so lange, so nachhaltig terrorisiert wurde, frage ich mich heute immer als erstes: So, was ist das jetzt? Fleißig, oder eilig? Ich kenne ja mein Pferd leider zu gut – meistens ist es eilig. Lebt er doch nach dem Motto: Wenn ich schneller laufe, ist es schneller vorbei. Nur um zehn Sekunden später das dann zu vergessen und mir das Schulpferd zu mimen. Das tote Schulpferd, wohlgemerkt.

Ja, ich musste mir sogar Pferde ansehen, um zu beurteilen, ob das fleißig und eilig und ob das Pferd einfach nicht mehr Trab hat. Auch das sollte ich mich immer fragen, wenn ich meinte, das müsse jetzt schneller: “Hat das Pferd überhaupt mehr Trab?”

Oft sehe ich in Videos dann hektisch trabende Pferde und das wird mir als Tritte verlängern, oder Trabverstärkung verkauft. Während der Reiter nicht mehr sitzen kann, weil das Pferd total gehetzt ist und alles andere als fleißig. Eher unkonzentriert, ohne eine richtige Kadenz. Offensichtlich hat mir meine Reitlehrerin etwas total Falsches beigebracht, denn wenn man das anmerkt, hab ich plötzlich angeblich keine Ahnung mehr.
Dabei dachte ich immer, dass es wichtig wäre. Hier, so mit Skala der Ausbildung. Thema Takt und so. Aber was interessiert die heutzutage noch, die kann man ja nicht bei Instagram rumzeigen. Bleibe ich also stumpf einfach dabei, dass ich keine Ahnung habe und zu schnell trabende Pferde cool sind. Weil das muss so. Ich weiß nicht … mein Pferd muss nicht SO. Ich hätte gerne, dass der fleißig trabt. Sonst nichts. Leider sieht er das völlig anders.

In den ersten drei Runden ist ja langsamer Schluff noch okay, wir dürfen uns warm machen, der obligatorische Huster muss auch einmal sein, die Nase darf eine Furche in den Sand ziehen und gut. Wir erinnern uns – so ein Rennpferd ist jetzt eher nicht so der Trabarbeiter und hat das in seinem Leben auch nicht wirklich verinnerlicht. In meinem Fall ganze sieben Jahre lang. Dementsprechend muss ich sehr überzeugend sein, wenn ich möchte, dass er fleißig trabt, mit aktiver Hinterhand und allem drum und dran.
An richtig schlechten Tagen sieht das so aus:

Ich nehme die Zügel langsam an.
Das Pferd parkt.
Ich lasse die Zügel länger.
Das Pferd schlufft.
Ich nehme die Zügel an und treibe durch.
Das Pferd rennt.
Ich kämpfe zwei Runden, ob wir jetzt Tralopp gehen müssen. Er findet ja, ich nein.
Das Pferd trabt fleißig.
Ich entspanne mich.
Das Pferd parkt.
Ich frage an, ob er weitergehen will. Nein!
Ich frage mit Nachdruck an, ob er sich denkt, dass nicht weitergehen eine tolle Idee wäre.
Das Pferd fragt, ob ich einen an der Waffel habe, natürlich ist das eine tolle Idee.
Wir diskutieren.
Wir traben. Eilig, nicht fleißig. Bis zur offenen Seite, da sind wir nicht nur eilig, da rennen wir.
Ich reite zehn Kringel, die vielleicht mal Volten waren.
Das Pferd hat vergessen, dass es auf der Flucht ist, es trabt Schluff.
Wir diskutieren.
Wir kämpfen auch noch mal eine Runde um das Tempo. Renntempo auf Reitplatz ist bähbäh.
Wir traben zwei Runden wie ein aufgedrehter Hirsch, der es mit einem Araber getrieben hat.
Wir parieren durch zum Schritt. Ich zücke das Handy und will den Händler anrufen. Nehmen Sie den mit! Ich leg noch ein Kilo Bananen drauf.
Pferd trabt plötzlich bis zum Rest der Einheit fleißig mit Tendenz zu: Wenn du nur einmal zu entspannt ist, pariere ich durch und trabe NIE wieder an.

Foto: Pony hat sich selbst zensiert.