Momentan scheint es hip zu sein, sein eigenes Problempferd heranzuziehen. Waren gerade die Fohlen so billig? Haben sich alle aus ihrem Happy Meal ein Pferd zusammengebaut? Es ist wirklich komisch, vielleicht gab es dieses Jahr auch weniger Rechnungen im Januar, denn Hinz und Kunz haben plötzlich alle einen Jährling. Oder ein Fohlen.
Der Jährling MUSS dringend beschäftigt werden, denn der steht nicht in der Herde, nein, das künftige Problempferd steht in der Box. Und auf die Weide kommt er mit einem Opa oder gefühlten 300 Pferden und dann wird sich gewundert, warum der Nachwuchs so komisch ist.
Und bevor mir jetzt jemand kommt mit – Rennpferde werden aber auch als Jährling geritten: Ja, im NOVEMBER bevor sie zwei werden. Nicht im Januar. Da stehen die noch permanent in der gemischten Herde. Tag und Nacht.
Zurück zum neugekauften Schnäppchenjährling, der ist ein tolles Highlight, auch so gut gebaut, am besten Westernpferd, dann hat man ja den Freibrief für ein liebes Pferd, das bitte jetzt auch schon mal einen Sattel tragen kann. Sitzt doch noch keiner drauf, das kann man ja auch mal machen, dauert doch auch nur eine Stunde, man weiß ja, dass der sich noch nicht so gut konzentrieren kann. Aber eine Stunde … also das ist doch nichts.
Beliebt natürlich auch: Zentrifugieren in der Halle. Viel scheuchen, viel Peitsche, gerne auch mal ausgebunden, damit man später nicht so ein Trara hat, wenn das Pferd in die Tiefe finden soll.
Das künftige Problempferd ist so überfordert, dass es die meisten Sachen auch mitmacht. Weil es per se erstmal ein gutmütiges Tier ist, das nicht so richtig versteht, was der neue Mensch da will. Aber vor lauter Verwirrung wird das zunächst mitgemacht. Circa zwei Wochen lang. Danach hat auch der netteste Jährling keine Lust mehr auf das Theater und huch!
Da häufen sich dann die Problemfragen in den Pferdegruppen. „Mein Fohlen will immer weglaufen.“ „Mein Fohlen schlägt nach mir.“ „Hilfe, mein Jährling hat mich gebissen!“ „Mein Jährling arbeitet gar nicht mit.“
Sind die Leute in der Gruppe gemein, erinnern sie sich genau an die Videos und Fotos, die die stolze Fohlenbesitzerin gepostet hat und sagen so gemeine Dinge wie: „Selber schuld.“ Oder gar: „Das hast du jetzt davon.“
Bah, was sind die fies. Da muss die Posterstellerin erst mal eine Runde jammern und nach Mitleid fragen. Und außerdem darauf hinweisen, dass es anderen Pferden ja wohl viel schlechter geht und ihrem Fohlen dieser lange Leidensweg erspart bleibt.
Interessiert das die anderen Leute nicht, wird der Post gelöscht und selbst am Problem herumgedoktort.
Beim nächsten Post sind dann zwei Wochen vergangen, und das doofe Pferd hat schon wieder ein neues Problem. Jetzt will es sich nicht anbinden lassen, nicht mehr von der Weide runter, sich kein Halfter mehr anziehen lassen, usw.
Weil die Leute keine Amöben oder Urzeitkrebse sind, wissen die aber immer noch, was die Posterstellerin mit dem Fohlen abgezogen hat. Die zieht also wieder beleidigt von dannen.
Und vier Wochen später sehen wir eine Tauschanzeige, wo sie ein nettes gesundes Verlasspferd sucht und dafür ihr völlig verkorkstes und verwurmtes Fohlen hergeben möchte. Toller Tausch!
Foto: Er guckt herablassend auf solche Idioten hinunter.