Ich weiß nicht, wie man das bei euch im Stall feiert, aber bei uns war das immer eine sehr feuchtfröhliche Angelegenheit. Die darin gipfelte, dass man nachts loslief, um anderen Reitställen den Maibaum zu klauen oder ihn wenigstens umzuschubsen, sofern das Feuer nicht brennt. Der Knigge in meinem Umkreis besagt nämlich, dass man Bäume nur dann klauen darf, wenn kein Feuer brennt. Ja, völlig logischer Zusammenhang.
Es startet meist mit irgendeiner Reitvorführung, Quadrille, ein kleines internes Turnier, Reiterspiele, so was halt. Meist sind alle Teilnehmer schon vorher irgendwie angesäuselt, die Pferde wahrscheinlich auch, denn die finden das, was ihre Zweibeiner so treiben, total bescheuert.
Meine letzte Maifeier bildete da keine Ausnahme, weil ich mit der Omma teilgenommen habe. Ergo waren die Reiterspiele sehr schnell vorbei für mich, denn Omma macht halt alles etwas schneller als die Normalsterblichen. Außerdem gibt es MIR natürlich Zeit, mehr zu trinken, denn wer gerade reitet, der kann ja nicht trinken. Wer rumsteht, weil er fertig ist, sehr wohl.
Unterdessen sind die Männer unterwegs einen Maibaum zu holen, den die Damen dann schmücken. Nachdem alle Damen fertig mit reiten sind und sehr viel Sekt intus haben, warten sie also auf die Herren. Unser Stall hatte genau einen Eingang, der von großen Büschen und Bäumen gesäumt war. Ergo – man sieht nicht, was daran vorbei fährt, nur einen winzigen Ausschnitt, nämlich die Einfahrt.
Wir hören den Traktor, halten schon mal das Kreppband bereit und dann fährt der Traktor auch vorbei. Warum eigentlich vorbei? Hinter dem Traktor hängen ein paar Wagen an. Und auf denen liegt der Baum.
Wagen – Baum – Wagen – Baum … wie groß ist diese verdammte Birke? Vier Wagen später gibts dann endlich den Rückwärtsgang in Richtung Hof. Die Hälfte der Männer ist bereits vom Anhänger gefallen, bei diesem halsbrecherischen Wendemaneuver mit 3 km/h.
Der Tag schreitet fort, bzw. der Abend, denn der dämmert nachdem der Baum endlich steht auch. Und mit fortgeschrittenem Alkoholpegel kann man auch die Etepetete Schibbi-Schabbi Damen plötzlich ausgelassen tanzen sehen und die Arroganz mancher Zicken ist auch weggesoffen. Ja, betrunken kann man sogar die Polohemdchen-Springreiter ertragen. Sofern man ein bisschen Abstand hält, denn die grabbeln schnell mal. Auch wenn die Freundin danebensteht.
Feuer an (sehr schwer, da betrunken). Soll ja keiner den Baum klauen. Und die Baumklautruppe gegen die anderen Ställe wird auch losgeschickt. Während unser Baum sich auch ohne fremde Hilfe irgendwie komisch neigt. Kann ja auch keiner ahnen, dass die mit einer 200 Meter langen Birke antanzen.
Finde mich plötzlich mit einer Horde Schibbi-Schabbi Mädels in der Baumklaugruppe wieder. Die, die sonst normalerweise ihren Nagellack passend zur Unterhose und zum Fliegenhäubchen auswählen. Fühle mich schrecklich allein und klammere mich an meinen Malibu. Der ist mein einziger Freund. Allerdings sind die Schibbi-Schabbi Mädels gerade in die Pubertät zurückgefallen und kieksen irgendwas vonwegen „Penis.“
Sitzen also hinten auf dem Hänger des Traktors und rollen Richtung feindlicher Reitstall. Und wir erspähen auch recht schnell einen, wo kein Feuer mehr brennt.
Kommen auf dem Gelände an. Ist ja super sauber hier. Und dieses Tor … und diese Autos. Man, wo sind wir denn hier? Sind wir nicht auf Gestüt XYZ?
Egal, wir sägen schon mal den Baum. Bis der einzig nüchterne (der Traktorfahrer was bemerkt) „Städtische Feuerwehr Bumshausen …“ (Name geändert – die Redaktion).
Was wir für einen Stalltrakt gehalten haben, ist in Wahrheit die Feuerwache. Und wir? Wir werfen die Säge ins Gestrüpp, uns selber auch (nicht clever, denn der Traktorfahrer fährt ohne uns los) und warten, dass irgendwas passiert. Tut es aber nicht.
Weil die Feuerwehr ganz woanders feiert. Da darf ich also mit den Schibbi-Schabbi Damen spontan ernüchtert zurücklaufen. Ohne Säge, die finden wir nämlich nicht mehr. Habe alle Mühe die voranschreitende Verseuchung durch Schibbi-Schabbi Gespräche zu unterdrücken.
Bestelle mir aber am selben Abend doch eine neue. Storniere sie aber am nächsten Morgen bei Nüchternheit. Glück gehabt.
Foto: Mittlerweile ist der 1. Mai nur noch Renntag. Vielleicht gesünder. Auch für mein Pferd. Sonst kriegt der jedes Jahr eine neue Schibbi-Schabbi. Und ich nen Leberschaden.