Wir waren beim Trabrennen! Also mit wir, sind meine Fotografin und ich gemeint, wovon erstere euch demnächst auf ihrer Seite die genialen Schnappschüsse von der Trabrennbahn MG präsentieren kann. Es lohnt sich, echt.

Vorweg – ich habe 0, aber so 0 Komma gar keine Ahnung von Trabrennen und ich glaube, die armen Leute, die unser Gequatsche ertragen mussten, sind kopfschüttelnd nach Haus gefahren.
Wir tanzen also zwischen dem 3. und 4. Rennen an und sind verwirrt. Kein Einlass, ein Parkplatz, hä? Draufgefahren, festgestellt, dass der wohl umsonst sein muss (denn niemand hat einen Parkschein), und stehen praktisch schon vor den Tribünen. Hätten wir in der ersten Reihe geparkt, hätten wir auch von da aus gucken können. Man parkt quasi neben dem Geläuf.
Mit noch weniger Ahnung und jetzt schon im verwirrten Status geht es auf die Bahn – wo Pferde ihre Sulkys ziehen. Manche im Schritt, manche im Trab, andere im schnellen Trab. Vollkommen keiner Logik folgend, denn die einen gehen rechtsrum, die anderen links. Und der Traktor wurstelt sich auch noch zwischendurch.
Ich – Galopper mit Leib und Seele – bin vollkommen verstört. Keine Zucht und Ordnung. Die machen ja alle, was sie wollen. Bahnregeln? Ach, sind wohl für Mädchen. Oder ich verstehe sie nicht – was realistischer ist.
Interessant: Traberfahrer können offensichtlich mehr auf ihre Mitmenschen achten, denn die Bahn ist nicht sonderlich groß, kollidieren tut aber keiner. Da habe ich schon in Reitbahnen schlimmeres Chaos mit weniger Pferden und ohne Sulkys gesehen.
Und in einem sind sie dann doch relativ strikt – mit der Uhrzeit, denn die Traber schaffen es an diesem Tag recht pünktlich zu sein – das schafft ja die Neusser Rennbahn nur an PMU Tagen. Zwischendurch beschallt man uns mit Musik: Van Halen. Gut. Last Christmas – weniger gut.

Bevor wir zu viel verstanden haben, geht es dann aber auch urplötzlich los, als man die Durchsage: Start frei! hört. Also mehr oder minder geht es los, denn die Fahrer haben die Ruhe weg, sind teilweise noch viele hundert Meter von der Startstelle weg. Aber scheint keinen zu jucken, die werden auch nicht wirklich schneller. Ich wäre schon längst dagewesen, panisch, mit Blick auf die Uhr und fragendem: Ich bin aber nicht zu spät, oder?

Autostart – kenn ich. Schon mal gesehen. Surrt ganz schön nah an den Rails vorbei, wenn man da so herumsteht. Jedenfalls können wir uns die Traber nun mal gut anschauen. Irgendwie sind die alle so … moppelig? Nein. Moppelig eigentlich auch nicht. Aber sie sind so zum flauschen und nach Haus stellen, weil sie aussehen wie fröhliche Ponys aus Gummi. Ohne Witz – Traber haben einen deutlich freundlicheren Ausdruck vor dem Start als so ein handelsüblicher Galopper. Ohren vorne, teilweise sieht es sehr unangestrengt aus. Stören sich auch überhaupt nicht an schnellfahrenden Kollegen, wenn sie selbst Schritt gehen.
Logisch – unheimliche Gebisse sieht man auch. Aber auch Pferde, die nicht mal ein Reithalfter überhaben. Und bevor ich nicht weiß, was das Gebiss oder die Verschnallung macht, nehme ich das mal so hin.
Da bei Trabrennen ja noch die Ohrenstöpsel gezogen werden dürfen, passiert das auch im Einlauf. Frage mich nur warum – man möchte ja, dass das Pferd die Lautstärke hört. Da ist aber keine Lautstärke, denn niemand klatscht oder jubelt. Eigentlich ist außer uns auch niemand draußen, die Zuschauer sitzen alle hinter Glas und gucken lieber auf dem Fernseher. Verwirrend. Aber gut, dann zieht mal die Stöpsel, wenn’s Spaß macht.

Die Peitschenbewegung fällt logischerweise weniger martialisch aus als bei den Galoppern, denn die können ihre Traber ja mal lockig, flockig aus dem Handgelenk antitschen, während man auf dem Pferd da anders verfahren muss. Man sieht nicht viel vom Peitschengebrauch.
Womit die Trabrennleute schnell sind, ist die Disqualifikation. Und nach dem zweiten Rennen schnallen wir dann auch, was das olle Piepsen mitten im Rennen soll – angaloppiert – und tschüß. Die merken das echt schnell.

Irgendwann werden wir vom Rennbahnsprecher von den Rails weggeschickt, weil wir doch ein bisschen zu nah sind (allerdings nett!) und ein Herr vom Rennverein erklärt uns, wir könnten mal ins Boxendorf gehen und dort von einer kleinen Tribüne runterfotografieren, da gäbe es schöne Bilder. Ein bisschen vorsichtig fragen wir nach, ob wir denn auch wirklich rein dürfen. Ja, warum denn nicht?

Laufen mit einem mulmigen Gefühl um die Bahn herum, können uns nicht wirklich vorstellen, dass wir da als völlig Fremde rumlaufen dürfen. Dürfen wir, wie uns der Mann am Eingang vom Boxendorf versichert, gibt uns noch Tipps, wo man am Besten fotografieren kann und winkt uns rein in die gute Stube. Wuseln zwischen Trabern herum, die trocken geführt werden und stehen bald vor einem Eingang. Da rein? Ernsthaft? Einfach so? Oben angekommen, entpuppt sich das als Tribüne für die Aktiven. Dürfen trotzdem dort sein (und sehr coole Fotos mitbringen). Keiner stört sich an uns, keiner meckert, auch als wir am Ausgang der Rennbahn stehen. Ein älterer Herr nimmt noch seine Zeitung zurück und sagt: Nicht, dass sie die mit auf den Fotos haben. Wär ja schade.

Jetzt weiß ich, wie PeTA immer alles heimlich bei Trabrennen aufdeckt – die waren in Mönchengladbach und wurden einfach hereingebeten. Traberleute haben mal so gar nichts zu verbergen. Gucken in Boxengassen, Gästeboxen, Anspannboxen und niemand schickt uns weg. Alle wirken sehr entspannt und fröhlich – Aktive wie Pferde. Eine nette Stimmung da.

Manche Traber sind schon schick – die könnte ich einpacken und zu Haus zum Kuscheln hinstellen. Andere sind gar nicht mein Typ Pferd – aber das sind auch nicht alle Galopper. Manche sind flauschig, haben ein bisschen Winterfell. Erstaunlich normale Pferde, die vor allem ziemlich gut an den Hilfen stehen, denn sie lassen sich ohne langen Bremsweg ziemlich gut dirigieren. Ich glaub, ich mag so was auch mal fahren. Jetzt, wo ich es mit dem Knie hab, ist das sogar ideal, die strecken ja durch. Das krieg ich noch hin. Würde wahrscheinlich aber vom Sitz hinten runter fallen, da ist ja echt nichts. Wie ein Gynäkologenstuhl ohne Rückenlehne. Frage mich dennoch, ob die keine Gewichte bringen müssen, denn manche Fahrer sind ganz schön mopsig.

Sehe dann aber einen modischen Fauxpas, der mich schaudern lässt:
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Seht ihr das? ZWEI! Decken auf einmal. Was ist nur los mit dieser kranken Welt? Zwei Decken? Und warum sind die Eskiii-Tanten da noch nicht drauf gekommen, wo sie doch quasi zwei Decken auf einmal ansprechend am Pferd präsentieren könnten?

Zum Abschluss rennen wir noch mal durch alles durch (interessiert und stört immer noch keinen) und sehen das letzte Rennen wieder vom Bogen aus. Schade, dass der Sport so einen schlechten Ruf hat und noch schlechtere Preisgelder. Ist wirklich nett da. Wenn ihr in der Gegend seid: Geht einfach mal hin und schaut es euch an. Auch hinter den Kulissen. Ihr werdet echt erstaunt sein.

Foto: Von Morwen Besucht sie mal.