Es ist wieder diese Jahreszeit – in der die normalen Rennpferde ein wenig verschnaufen und eine ganz andere Gruppe auf den Plan tritt: Die Hindernispferde. Jetzt müsst ihr stark sein, denn ihr seid fast alle PeTA geimpft, oder habt zumindest eine negative Assoziation, denn der kann man sich nur entziehen, wenn man beispielsweise in England wohnt, wo Hindernisrennen objektiv, bis glorifziert betrachtet werden. Ihr wart meist noch nie bei einem Hindernisrennen – aber ihr wisst: Irgendwie ist das schlecht. Mir ging das früher nicht anders. Man weiß doch irgendwie, dass es Tierquälerei ist.
Warum eigentlich?
Wir kennen sie alle, die Horrorvideos mit den Beinbrüchen und Genickbrüchen. Was dem Kenner auffällt – es sind fast immer dieselben. Wir bekommen selten neuere Bilder zu sehen, weil sie einfach weniger werden – wenn auch niemals verschwinden werden, denn Hindernisrennen sind schon ein Spiel mit dem Feuer. Wir machen uns nichts vor, bei einem Pulk von 40 Pferden, wie z.B. im Grand National – da kann es zu Stürzen kommen. Die meisten davon gehen aber glimpflich ab – für beide, Pferd und Jockey.
Dennoch wird immer wieder ein Bericht von 1992 (oder 93?), von einem deutschen Magazin hervorgekramt, das uns sagt, wie schlimm die Hindernisrennen in Pardubice sind. Dass da auch in einem dieser Jahre eine Gruppe Tierschützer involviert war, die sich aus lauter Tierliebe vor den Taxisgraben geschmissen hat und so einen Massensturz auslöste, wird dabei gerne totgeschwiegen. Die Pferde überlebten das übrigens nicht alle.
Youtubevideos zeigen uns ständig dieselben Szenen, die uns sagen sollen, wie böse Hindernisrennen sind, weil dabei so viele Pferde sterben. Wenn das so wäre, warum haben die dann nicht mal neue Videos?
Hindernisrennen gehören aber dennoch in die heutige Zeit. Warum auch nicht? Pferderennen ist so ziemlich der älteste Sport der Welt und Hindernisse spielten dabei auch schon immer eine Rolle. Sie werden moderner und die Pferde haben mit den Rennpferden, die auf der Flachen laufen teilweise nicht mal mehr die Familien gemeinsam, denn Hindernispferdezucht ist so eine Wissenschaft für sich, allerdings finden sich auch immer wieder ehemalige Flachpferde auf der Jagdbahn.
Auch meiner übrigens. Wie der allerdings überhaupt je über ein Hindernis gekommen ist, ist mir schleierhaft, er ist für ein Hindernispferd wahnsinnig ungeschickt. Springt aber sehr gerne. Auch über Zäune …
Das moderne Hindernisrennen hat deutlich entschärftere Hindernisse als es sie noch in den 80ern gab. Die Velka in Pardubice, die ja von Tierschützern ständig kritisiert wurde, findet medial kaum noch statt. Nicht mal im negativen Sinne. Warum? Weil es dort nicht mehr zu schlimmen Stürzen kommt. Die Hindernisse sind entschärft (aber immer noch anspruchsvoll) und die Felder deutlich kleiner. So funktioniert dann auch eine Velka. Typisch für die einschlägigen Medien nur die negativen Berichte zu zeigen, aber ein Positivbeispiel zu ignorieren.
In Japan gibt es richtig tolle Hindernisrennen! In England und Irland sowieso, aber auch die Franzosen mögen den Sport. Wir Deutschen haben uns von den Tierschützern dagegen totmaßregeln lassen.
Ein Unfall in Hamburg brachte Kritik in den deutschen Hindernissport, mit seinen sehr putzigen Hindernisschen und winzigen Startfeldern. Bei diesem bedauerlichen Zwischenfall drehten lose Pferde um und krachten in den Gegenverkehr. Ein ähnlicher Unfall in Amerika, völlig ohne Hindernisse lief allerdings ebenfalls so ab. Da die deutschen Dramaqueens aber bereits auf Hochtouren aufgelaufen waren, gibt es nun eben keine Hindernisrennen mehr beim Derbymeeting. Oder überhaupt … denn die meisten Bahnen veranstalten keine mehr. Sehr schade, denn so werden talentierte Pferde auf einen Schlag arbeitslos. Wir Deutschen sind kein Maßstab im Hindernissport und die Pferde werden ungern gekauft – deutlich lieber kauft man Flachpferde mittlerer bis gehobener Klasse und bringt ihnen das Springen bei.
Wir hatten Mal Listenrennen. Jetzt haben wir ab und an ein paar Pferde über die Besen, wenn wir Glück haben.
So guckt der geneigte Hindernisfan halt nach England, Irland, Frankreich oder Pardubice in Tschechien. Und bewundert wahnsinnig lange Karrieren, eisenharte Pferde und Sieger, die unter Tränen verabschiedet werden. Und erlebte den Dreikampf des Jahrhunderts: Kauto Star vs. Denman vs. Long Run leider nur übers Internet. Wo auf der Insel ihn Millionen verfolgt haben, auf der Bahn und vor den Fernsehern.
Schade eigentlich.
Foto: Springt hoch aber schlecht. Immerhin schnell.