Eigentlich sind Pferde ein bisschen wie Rentner. Sehr nörgelige Rentner, die Protokoll über die Nachbarn führen oder mit dem Kissen auf dem Fenstersims hängen und alles überwachen. Sie mögen es nicht, wenn der Nachbar ungefragt neue Gerätschaften testet oder aufstellt, Baumaßnahmen müssen überprüft werden und sobald Uhrzeiten nicht eingehalten werden, ist das Geschrei groß und ein Anruf beim Ordnungsamt unvermeidlich. Ein Glück, dass Pferde keine Telefone benutzen können, weil sie keine Finger zum wählen haben.

Zum Beispiel beim Futter. Das muss pünktlich sein und pünktlich heißt, dass das Pferd mindestens eine Stunde vorher schon auf Habacht steht. Alles innerhalb dieser einen Stunde, bis zur tatsächlichen Fütterung ist zu verschmerzen. Zeitumstellungen (diese blöde Winterzeit aber auch immer …) werden absolut nicht toleriert und stiften daher völlige Verwirrung. So ist es für das Pferd statthaft, am Weidetor herumzustreifen und nach dem Personal zu rufen oder gegen Boxentüren zu böllern, wenn diese ominöse Zeitumstellung eintritt. Dazu wird laut des Pferdes Unmut kundgetan, damit man es endlich erhört. Überhaupt nicht in Ordnung sind dazu Leute, die dazu auf dem Hof herumrennen, sich aber nicht um die Futterbedürfnisse des schlecht gelaunten Rentners (der auch drei Jahre alt sein kann – das ist ganz egal), kümmern.

Oder Krach. Krach mögen Pferde nicht. Und sie zeigen ihn beständig an. Mindestens wird empört geschnorchelt, im worst case der Abgang geprobt. Pferde mögen keinen Lärm und betrachten den Lärmenden äußerst genau. Wahrscheinlich wegen der unmenschlichen Zeiten, an denen der Lärm stattfindet. 12 Uhr Kettensäge? Da ist Mittagsruhe. 18 Uhr Laubbläser? Da isst man zu Abend und sollte nicht lärmen. Rasenmähen am Sabbat? Die Pocken über dich, Frevler! Das Pferd schlägt sofort Alarm bei Lärm und möchte, dass man ihn ausstellt. Über Blaskapellen und andersartigen Lärm zu Festen ist es nicht amused, denn die anderen 364 Tage war’s nicht still genug, als dass es so einen Krach toleriert.

Die Bauaufsicht braucht auch nicht kommen, das erledigt das Pferd. Das misst nach, ob da alle passenden Abstände zum Nachbargrundstück eingehalten wurden (indem es sich einfach daran vorbeiquetscht). Ob die Farbe auch farbecht ist (wird dran geleckt), ob überhaupt sämtliche Gesetzen und Statuten eingehalten wurden (indem es sich reinstellt, draufstellt oder gleich in eine ausgehobene Grube springt), und die Statik wird auch noch kontrolliert (dranlehnen, durchgehen, drauftreten). Der Rentner im Körper eines ausgewachsenen Pferdes wird alle Schwachstellen finden und er keine findet, dann kontrolliert er penetrant die Bauarbeiter und weist auf eventuelle Schwachstellen oder Schlampereien hin (und klaut gerne Werkzeug).

Dann sind die auch nie richtig zufrieden. “Hey, möchtest du Ausreiten?” – “Nee, du machst das jetzt nur, weil heute Sonntag ist, sonst kommst du nie.” – “Hey, möchtest du heute nichts machen?” – “Um mich kümmert sich ja eh niemand, das bin ich gewöhnt.” Ihr könnt euch den weiteren Gesprächsverlauf denken. Schlechtgelaunt müffeln sie dann eine Weile herum, bis sie doch mitmachen und ganz insgeheim doch ein bisschen Spaß haben. Allerdings würden sie das natürlich nie zugeben. Bringt man was Neues mit, sind sie außerdem entweder Feuer und Flamme (weil neues Spielzeug), oder im totalen Verweigerungsmodus (Was der Bauer nicht kennt und so …). Diesen neumodischen Schnickschnack – den gab’s früher bei uns in der Prärie nicht.