Die meisten von euch sind wahrscheinlich noch nicht wach – ich auch nicht. Ich muss schließlich um diese unmenschliche Uhrzeit noch nicht aufstehen, jedenfalls nicht nach einem Silvesterabend bei Hanna, wo es nie unter drölf Promille bleibt.
Und reiten muss ich schon gleich dreimal nicht, wenn ich das nicht will. Manchmal muss man aber – spätestens dann, wenn man beruflich mit Pferden zu tun hat.
Und so handelsüblichen Galoppern ist das herzlich egal, wie wild die Arbeitsreiter so am Vortag gefeiert haben. Eigentlich weiß man ja auch, dass man nicht zu lange feiern sollte, denn man hat ja um halb 6 am Stall zu sein und spätestens um halb 8 auf dem Pferd.

Was man nicht mit einkalkuliert – die Besitzer der Rennpferde, die sich eine Feier niemals entgehen lassen, und scheinbar einen höllischen Spaß daran haben, die Arbeitsreiter abzufüllen. Mehr noch, sie nötigen einem die Getränke auf, man will schließlich auf „sein“ Pferd mit dem täglichen Reiter trinken. Warum das so ist, weiß ich nicht, aber ich musste jedem Besitzer versichern, sein Pferd wäre mein Lieblingspferd und anschließend einen Wodka Lemon mit ihnen exen. Und das ist nicht witzig, wenn man am Tag 8 Lot reitet. Und so insgesamt auf 16 Pferde kommt, die man sehr regelmäßig reitet. Auch bei den größten Arschlochpferden muss man natürlich brav antworten: „Oh, ja – der E. ist mir der Allerliebste.“ Während man innerlich kurz zum letzten Morgen zurückspringt, wo man dem Pferd noch gedroht hat, dass es bald in die Wurst kommt. Und zwar absolut ernst!

Da feiert man dann also, nicht auf die eigenen Kosten, nein, das macht es ja so reizvoll – das geht auf Besitzer und Trainer. Und man kann sich sicher sein, die Feier geht zwar lang – aber es wird trotzdem um 6 spätestens wieder losgehen. Man ist ja auch nicht die einzige, die mittrinkt, verweigern kann sich keiner, denn wie sähe das denn aus? Das ist nicht akzeptabel.

Morgens um 6 schleichen die ersten Leute also an – Trainer kommt später, der darf das, dafür ist er ja Trainer. Sind nicht vollzählig, denn unser ältester Kollege hatte noch ein paar Runden extra Wodka. Und der andere Kollege hat in seinem Auto geschlafen, weiß aber nicht mehr wo er ist und versucht nun zum Stall zu finden. Macht er übrigens mit einem Taxi – safety first.
Es ist so verdächtig leise im Stall, dass plötzlich (ähnlich wie bei Jungpferden) alles angepschtet wird, das nicht bei drei aufm Baum ist. Katerstimmung. Als zusätzliches Schmankerl ist uns die Sandbahn gefroren und wir dürfen nur in die Halle. Aber schon seit einer Woche.

Trainer taucht auf, als wir überhaupt erst auf den Pferden sitzen. Allerdings hat der den Bahndienst im Gepäck, der uns eine Spur aufreißt. Nicht gut – so unkontrolliert geht es nie über die Bahn, aber von Kontrolle kann keiner sprechen – höchstens von Selbstbeherrschung, weil niemand sich bei dem Geschaukel übergeben muss.
Reiten laut klappernd beim Kollegen vorbei, der immer noch nicht auf dem Bett gefallen ist. Der wird dann aber wach – kann allerdings kaum die Augen offen halten. Wird einkassiert – wer feiern kann, kann schließlich auch arbeiten: sprach der Trainer. Revidiert den Spruch aber nach dem ersten Lot des Kollegen, als der Reiter anhält und schwankend auf seinem Pferd mit der Besinnung kämpft.

Darüber tanzt dann die Besitzerschar an – munter ausgeschlafen und fröhlich vom Hotelbuffet gesättigt. Wir grüßen ganz leise (wir erinnern uns: Lautstärke ist blöd), aber die brüllen schon: „Wir wollten nur mal nach den reitenden Leichen sehen.“
Bleiben den Rest des Tages da und haben diebischen Spaß an unseren leidenden Mienen.
Wann kommt eigentlich der PeTA Artikel über arme gequälte Arbeitsreiter?

Trotzdem – man lernt ja nichts draus, das geht bei der nächsten Feier gleich wieder so. Denn so sehr man am nächsten Tag leidet (ich nicht, ich leide nur aufgrund des Schlafmangels, da ich zu der glücklichen: Ich-bekomme-keinen-Kater-Minderheit gehöre), es macht einfach zu viel Spaß mit den wirklich coolen Besitzern zu feiern.

In diesem Sinne: Frohes neues Jahr, auch an die armen Rennsportler, die jetzt schon mindestens beim dritten Lot sind und sich schwören, die nächste Party auszulassen.

Foto: War das netteste Pferd nach jeder Weihnachtsfeier. Hat nämlich keinen Schaukelpferdgalopp.