Eine Spezies, die nur in Knisterfolie wohnt. Das Sportpferd ist vor allem eins: Aus Zucker! Sie leiden ja nicht nur an akuter Unfalleritis, nein, auch an Umfalleritis, wenn das Geschlecht männlich ist. Anders kann ich mir die Berichte, die dramatisch den Abgang eines Deckhengstes in der Zucht zelebrieren, nicht erklären – angeblich fallen die ja alle vom Phantom. Aber heute wollen wir uns gar nicht den echten Sportpferden widmen. Sondern denen, die ihr Dasein bei der ungekrönten Königin des Dorfturniers wohnen. Die haben nämlich auch Sportpferde … und was für welche!

Ganz früher, da hatte ich mal das prägende Erlebnis: Diskussion zwischen Einstellerin und Schmied – ob er noch flott vor dem Hausturnier das Pferd beschlagen könnte, sie hat ein Springen genannt.
„Wieso hat der das überhaupt verloren?“
„Weil er bis vorhin auf der Weide war.“
Dem Schmied platzt der Kragen: „Entweder hat man ein Turnierpferd oder ein Weidepferd! Dann hat man solche Probleme auch nicht.“

Auch heutzutage scheint das, was der Schmied damals der Einstellerin zum Vorwurf gemacht hat, eine Maxime zu sein, an die sich wirklich viele halten. Besonders lachhaft finde ich es, wenn das bei den Dorfturnierreitern schob ab der L losgeht. Das Pferd lebt in Watte, bekommt Pülverchen (wir erinnern uns: https://www.arschlochpferd.de/koks-fuers-pferd-von-puelverchen-und-suppengruen/) über alles, wird ständig gewienert und ist so steril wie ein OP Raum. Die Box jetzt nicht so … der Kontrast ist schon deutlich, denn das Turnierpferd hat eine Turnierpüppchenbesitzerin und die verliest vielleicht seinen Schweif mit der Hand, während sie in der Boxe aber keinen Finger rührt und logischerweise dann das damit geschieht, was mit allen anderen Boxen im Stall auch passiert.

Rausgehen tun diese Sportpferde schon. Aber sie sehen aus wie Michelinmännchen und müssen schon mit einem scheintoten Weidepartner raus, sonst kommt die ängstliche Besitzerin angerast, über mindestens rote 20 Ampeln. Denn das Pferd ist getrabt! Auf der Weide. Ängstlich wird alles gecheckt, dann für die Zukunft beschlossen, dass das Tier nur noch ohne den gemeingefährlichen Weidepartner rausgeht, denn der hat es ja zum Traben animiert.

In der Halle brauchen Sportpferd und Besitzerin sehr viel Platz. Und woran erkennt man den Sportpferdreiter? Er sagt es einem. Ungefragt.
„Gehst du mit raus?“
„Nein, ich muss noch üben.“
„Ach, komm, es ist so schönes Wetter, ich lasse die Stunde auch sausen.“
„Ja, du hast ja auch ein Freizeitpferd, aber ich habe ein SPORTPFERD.“

Oh … ja … ähm … Keks?
Wer ein Sportpferd hat, der guckt nicht nach Freizeitpferden. Denn die werden ja nie ernst geritten.

Sportpferde haben natürlich auch eine exquisite Abstammung. Die wird uns auch ständig auf die Nase gebunden, denn wir könnten sie ja glatt vergessen. Da wird mit Namen um sich geschleudert.
„Meiner ist ja von Donnerhall“ … der findet sich dann irgendwo im Pedigree aber garantiert nicht als Vater. Bei manchen ist Donnerhall wohl auch nur mal am Papier vorbeigelaufen. Reicht aber, um das mal zu erwähnen.

Sportpferde bekommen immerhin tierärtzliche Betreuung – so viel zum Positiven bei den Dorftrottelsportpferdreitern. Der kommt dann aber auch wirklich für alles und jeden. Das Pferd hat einen abstehenden Schweif? Tierarzt. Das Pferd ist gestern einmal über eine unebene Bodenwelle gestolpert? Tierarzt! Dem Pferd tun die Haare weh? Tierarzt. Er kommt dauernd und der gemeine Sportpferdreiter bezahlt das alles anstandslos. Oh, Pardon, Mutti! Mutti bezahlt das anstandslos. Denn Mutti ist genauso besorgt ums Seelenheil des Sportpferds, wie die Besitzerin, denn sie ermahnt ständig, dass auch ja alles gut eingepackt sein muss. Oder man vorsichtig sein soll, schließlich ist Sonntag ja Turnier in Dummbrothausen.

Zur klassischen Ausrüstung des Sportpferds gehören natürlich Gamaschen, Bandagen und Hufglocken in den Trendfarben der Saison. Das haben die Sportpferddorfreiter ja noch mit den Eskiii-Mädels gemeinsam. Kritisch wird es aber dann beim restlichen Zeug, denn so ein Sportpferd hat mehr Lammfell an sich als ein Lamm im Originalzustand. Überall muss es hin, damit es sich nicht den Pöppes wundscheuert … oder irgendwelche anderen Stellen. Wir erinnern uns: Die sind ja aus Zucker. Alles ist ergonomisch und war drölfzig Euro teuer. Das wird uns unter die Nase gerieben. Die günstigen Sachen, obwohl die es oft genauso tun, die kauft man nicht. Die verträgt das Sportpferd nämlich nicht. Oder ist es am Ende die Reiterin, die auf No Name Produkte allergisch reagiert?

Da reiten sie dann also beim nächsten Turnier wieder der Schleife hinterher. Mit dem Pferd aus Zucker, das leider trotz aller Bemühungen besonders sportlich zu sein, scheitert. Am Reiter. Der hat zwar 2.000 Reitstunden genommen, aber leider vergessen, dass so ein Wattepferd ja per se zum Angsthasen erzogen wird. Da kommt man dann manchmal nicht mal übers Grüßen hinaus. Schade aber auch.

Foto: Sportlicher als manche Sportpferde