Reiter sind Weltmeister darin, Dinge weder einzusehen, noch zuzugeben. Selbst, wenn sie quasi inflagranti dabei erwischt werden. Auf Facebook ist das noch übler, denn da löscht es sich ja so schön schnell. Im wahren Leben geht das natürlich nicht. Wir mischen das trotzdem heute beides, denn irgendwie gehört das ja doch zusammen.
1) „Ich habe einen Fehler in der Erziehung meines Pferdes gemacht.“
Ganz plötzlich fängt das Tierchen an zu schnappen, ganz aus heiterem Himmel. Natürlich liegt das nicht an der Erziehung mit 30000 Leckerlies, nein, das liegt daran, dass die Sterne irgendwie ungünstig stehen, oder Vollmond ist.
2) „Ich habe mein Pferd auch mal mit einem scharfen Zaum geritten, weil ich anders nicht mehr durchkam.“
Gerade die Leute, die ein heißes Eisen haben und hatten, eines, das vielleicht nicht sonderlich einfach war. Ob mit Reitlehrer oder ohne. Das ist quasi NIE passiert. Was? Ich? Nein, ich reite nur mit Halsring durch die Felder.
3) „Ich habe mein Pferd schon mal gemaßregelt, weil es mich einfach nur genervt hat.“
Es wollte halt einfach mal nicht stillstehen, oder den Huf nicht geben, hat den Kopf hochgemacht beim Trensen, wollte nicht weitergehen, etc. Nein, bei Facebook passiert das nie, nimmernicht, da wird das alles weggestreichelt, wir haben nur freundliche, nette Pferde, die immer geliebt werden und immer, aber auch wirklich immer das machen, was der Reiter will. Und das aussprechen? Ne. Wieso. Und wenn es einer wagt, das auszusprechen, dann ist er natürlich der böse Tierquäler.
4) „Ich habe schon mal Wettrennen im Gelände gemacht.“
Haben alle natürlich nie, da nimmt man IMMER Rücksicht aufeinander, man heizt nicht, man macht sich fein warm, man galoppiert artig hintereinander. Wenn das dann jemand erzählt, tun sie alle ganz entrüstet, aber im Hinterköpfchen haben sie dann doch den Gedanken: „Ach, früher als Kind war das ja schon irgendwie schön.“
5) „Ich kann das nicht.“
Reiter können immer alles. So irgendwie. Nicht richtig, aber sie können es. In einer Diskussion zuzugeben, dass man irgendetwas nicht kann, ist ein K.O. Kriterium und führt zum Ausschluss. Testet das nur mal. Fragt man nach, wie man sich die Piaffe erarbeitet. Das wissen die alle … so irgendwie halt. Und wenn es falsch ist, dann sagen sie, dass man ihnen das so beigebracht hat. Nicht, dass sie es schlichtweg nicht können.
6) „Ich benutze mein Hackamore falsch.“
Ja, das geht in die Springreiter-Ecke. Aber nicht nur. Ein Hackamore nutzt man (auch mechanisch) per Definition einhändig. Das möchte aber weder einer hören, noch zugeben. ist ja auch gar nicht tragisch, wenn man weiß, wie das eigentlich geht, aber wenigstens sagt: Jau, stimmt. Ich benutze es trotzdem beidhändig. Aber nein, das wird NIE zugegeben. Ich gucke mir demnächst mal wieder ein Dorfspringen an, um zu sehen, ob die alle einhändig durch den Parcours heizen.
7) „Ich hätte gerne manchmal ein anderes Pferd.“
Eins das sich schöner reiten lässt, weil man ständig Rückschläge erlebt, oder eins, das einfach mehr Vermögen für die Dinge hat, die mir besonders Spaß machen. Oder nur eins das gesund ist. Was? Nein? Alle Pferde müssen gleich liebgehabt werden? Ehen dürfen ja auch nie geschieden werden und so … Echt, das darf man niemals nimmernicht sagen, ansonsten ist so richtig was los. Gebt es nicht zu. Ihr seid sonst sowas von dismissed. Das ist nicht mehr feierlich.
Und warum dürfen die Leute das nicht zugeben? Weil ständig irgendwer, der einen gar nicht kennt, meint, er hätte alles Recht der Welt, ständig über einen urteilen zu müssen. Das ist schon faszinierend. Und dass es einen Reiter interessiert, was fremde Personen, die einen gar nicht kennen, zu sagen haben, doch gleich noch viel mehr.
Foto: Manchmal tobt sich meine RB an ihm aus.