Pferde in Herden, oder Weidegruppen zu integrieren ist ein Krampf. Jedenfalls manchmal. Seltener wegen des Pferdes, mehr wegen der Besitzer die aufeinander prallen und ihre ganz eigene Ansicht dazu haben, wie man die Herde am besten zusammenbringt und welche Rolle das eigene Pferd dabei spielt. Ist ein bisschen wie mit Eltern und deren Kindern, die gerade in der Schule ärger haben.
Die „Mein Baby“ Fraktion
Ihr Pferd würde NIE Streit anfangen, das ist super sozialisiert und wehe ihm fehlt an irgendeiner Stelle ein bisschen Fell. Am liebsten würde die Baby Fraktion anschließend eine Überwachungskamera aufstellen und den gemeinen Schläger nach einer öffentlichen Gerichtsverhandlung hinrichten lassen. Da das keiner mit sich machen lässt, nerven sie einfach die anderen Einsteller, wie böse ihr Pferd gemobbt wird. Die Baby Fraktion hat grundsätzlich immer ein Feindbild auf der Weide, das sie laut beschimpfen, wenn sie selbige betreten, um ihr eigenes Pferd zu holen.
Die „Hilf dir selber“ Fraktion
Das ist die Hardcore Variante. Egal was auf der Weide geschieht, die mischen sich nicht ein, selbst dann nicht, wenn es irgendwann mal angebracht wäre. Denn in der Natur hilft da ja auch keiner. Außerdem wollen sie ihr Pferd ums verrecken nicht aus der Herde nehmen, selbst wenn ihm schon ein Ohr, ein Auge und ein Bein fehlen. „Der muss das lernen“, ist ihr Lieblingssatz. Völlig egal, was es da zu lernen gibt, wenn alle Pferde auf ihrem Pony herumdreschen.
Die „Der will nur spielen“ Fraktion
Auch auf den Hinweis, dass man vielleicht mal irgendetwas dagegen tun kann, dass das eigene Pferd ständig auf zwei Beinen Einsteller anspringt und außerdem alle anderen Pferde verprügelt, tun sie gar nichts. Doch, moment, wohl. Sie lachen. So ein verschämtes Kichern und dann sagen sie so was wie: „Er ist doch noch jung“, oder: „Der möchte nur spielen.“ Erziehung ist nicht so deren Ding. Richtig erbost werden sie dann, wenn der Stallbesitzer, der es nicht mehr mit ansehen kann, wie der Jungspund die Alten terrorisiert und verletzt, dann aus der Herde nimmt. Unverschämtheit. Vergewaltigung! Ruft die Bildzeitung.
Die Drama-Queen Fraktion
Gut, ihr Pferd fängt nicht unbedingt den Streit an. Aber es steht halt schon mal ungünstig, wenn da ein anderes Pferd auskeilt und es hat hin und wieder mal eine kleine Schramme, oder eine Macke. Nichts Wildes, da stirbt keiner von. Man sieht es nicht, das Pferd merkt es schon nach fünf Minuten nicht mehr, also ist doch alles gut. NEIN! Nicht für die Drama-Queens. Die rasten völlig aus. Meist sehen wir sie dabei, wie sie ihr Pferd überdramatisch, beinahe in Tränen aufgelöst aus der Herde zieht und mit Salben beschmiert. Sie kann auch deswegen ständig nicht reiten. Was sie JEDEM erzählt. Auch Leuten, die nur an der Weide vorbei gehen.
Die „Ich hole meinen Anwalt“ – Fraktion
Es gibt immer das eine Pferd, das Pech hat. Das wird gejagt, legt sich auf die Nase und hat ein dickes Bein. Oder ein Biss entzündet sich. Ein Tritt wird zur Fleischwunde, oder es gibt Zerrungen. All das kann natürlich leider immer passieren, denn Pferde sind ja nicht mit Knisterfolie draußen. Aber die „Ich hole meinen Anwalt“ Fraktion rastet dabei völlig aus, die wollen ständig, dass man ihnen Kohle gibt. Weist man sie darauf hin, dass so was immer nur anteilig übernommen wird, denn es ist nunmal das Risiko beider Seiten, wenn zwei Pferde auf einer Weide sind, rasten die völlig aus und wollen uns alle verklagen. Auch die Leute, deren Pferde unbeteiligt waren. Wahrscheinlich weil die Pferde nicht eingeschritten sind.
Foto: Ist Herdenchef, ich hab nie ein Problem. Nur die anderen.