Die leere Box ist eigentlich etwas Alltägliches. Jeden Tag ist sie zu einem großen Teil nicht belegt, denn so ein Pferd steht da ja nicht ewig drin. Komisch ist der Anblick erst, wenn das Pferd zu dieser Uhrzeit dort sein sollte. Aber der menschliche Verstand ist ein Wunderwerk, er erklärt sich das von selber.
Der ist sicher ausreiten. Oder beim Schmied. Oder auf dem Platz. Denn schließlich kommt er doch immer wieder. Das wissen auch die Boxennachbarn, die sich nicht daran stören, dass der Kumpel gerade woanders ist.
Es ist einfach normal. Ein Pferd kommt. Und es geht auch mal woanders hin.
Und dann ist da der eine Tag. Der, an dem die Box leer ist. Und doch so voller Leben. Vieler Leben.
Sankt Martinspferd, Schützenpferd, Wald-und-Wiesenpferd, Kinderreitpferd mit unendlich viel Geduld, alter Hase, fauler Sack, Kummerkastentante, Rentner, Stoppelfeldheizer, Wurmkurhasser, Lehrmeister, Reitbeteiligung, Kumpel, Freund, Familienmitglied. Ein Pferd und so viele Leben.
Und trotzdem ist die Box leer. Und plötzlich bleibt sie es auch. Menschen stehen vor dieser Box und sind todunglücklich. Benötigen Trost. An dem Tag wird einem schmerzlich bewusst, dass man selbst eines Tages dieser Mensch vor der leeren Box sein wird. Hoffentlich ist der Tag in weiter Zukunft. Aber man weiß es eben nie. All diese Leben können sehr schnell vorbei sein.
Foto: Unser Stall vermisst schmerzlich seinen Opa, der gestern Nacht eingeschläfert wurde.