Manche Reiter haben nur eine Platte und die spielen sie ständig. Bis man sie schütteln und schreien will: Herrgott, ich hab’s doch begriffen! Aber jetzt halt endlich die Fresse!
Manchmal ist die Platte sehr simpel: „Fame – Vor Hundert Jahren habe ich mal ein E-Springen gewonnen!“. Manchmal auch: „Gutmensch – ich habe ein Pferd vor dem Schlachter gerettet (im Shalala Remix)“. Oder auch: „Handicap – mein Pferd ist was Besonderes!“
All diese Platten sind anstrengend, weil sich Diskussionen mit diesen Personen völlig daneben gestalten. Denn selbst wenn sie nicht Thema sind, am Ende dreht sich alles um sie und die Person, die eigentlich eine Frage hatte, die wartet bis zum Ende der Welt auf ihre Antwort.

Die Fame! Platte ist zum Beispiel häufiger in solchen Diskussionen gesehen:
„Hat jemand eine Ahnung, ob ich dieses Gebiss fürs A-Springen nehmen kann?“
-Fame: „Also ich weiß ja nicht, wie das JETZT ist, aber als ich früher erfolgreich Springen gegangen bin, da hatte ich dieses und jenes Gebiss drin.“
Ein paar Fotos, die die Diskussion aufpeppen. Natürlich professionelle, denn die machen mehr her. Unsere ehemalige Springolympionikin hat nämlich ALLES dokumentiert. Jeden Sprung, jedes Blüschen, einfach alles eben.
„Aha? Ja, aber darf ich das denn jetzt nehmen?“
-„Also bei mir war das früher kein Problem, aber ich habe mich ja aus dem Turniersport zurückgezogen, ich finde auch, dass das nicht mehr sein muss, mein Pferd ist ja schon älter.“
Prompt kommen ein paar Leute, die unserer Fame! Platte für ihre Rücksicht und Weitsicht loben. Ach, wie schön. Es gibt noch Leute, die Turniere gehen und kein Sportgerät aus ihrem Pferd machen.
„Ja, früher sprang er wirklich toll“, sagt prompt unsere Fame! Platte. Und postet noch ein paar mehr Bilder vom Turniercrack. Das ganze wird mit Herzchen von den Pferdegörlz kommentiert. Während die Posterstellerin schon verschimmelt ist, so lange dauert es, bis jemand die Frage beantwortet.

Unsere Gutmensch! Platte treibt sich oft unter Verkaufsanzeigen oder so sinnlosen Sachen wie: „Was kostet das Pferd?“ oder: „Was kann euer Pferd.“
Ausgangsfrage: „Ich habe gerade ein Pferd in Aussicht, 4000 Euro, 14 Jahre, Lebensversicherung im Gelände, netter Wallach, kleine Wehwehchen, die ihn aber nicht beeinträchtigen. Was habt ihr denn so gezahlt, oder wäret ihr bereit zu zahlen? Ist der Preis angemessen?“
-„Also ich habe mein Pferd ja vom Schlachter. Und ich würde das immer wieder tun. Diese Pferde sind ja so dankbar.“
„Aber ich möchte ja genau DIESES Pferd jetzt kaufen und will wissen, ob der Preis okay ist.“
-„Ich würde immer wieder ein Pferd vom Schlachter holen. Das sind die besten Pferde überhaupt. Sie ist so dankbar, dass sie weiterleben darf. Es hat zwar sehr viel Geld und Arbeit gekostet, aber das war es mir wert.“
Anschließend bekommen wir natürlich die obligatorischen Fotos. Dieses Mal vom Profishooting der besten Freundin. Mit Wallakleid und Halsring. Auch noch eine Verlinkung zur Facebookseite. Komisch, die Gutmensch! Platte hat immer eine Facebookseite. Die Fame! Platte meistens nicht.
Am Ende weiß die Posterstellerin immer noch nicht, ob die 4000€ angemessen sind, ist ihr dann aber auch egal, sie kauft sich ein Pferd. Und zwar nicht beim Schlachter.

Unsere letzte Kategorie ist anstrengend. Die greift nicht nur in Diskussionen ein, die postet auch ANDAUERND selbst darüber, wie hart das Leben ist, wenn das Pferd ein Handicap hat. Das kann blind sein, oder blöd, Bein ab, fehlendes Ohr, taub, Tumor, was weiß ich.
Dennoch handeln ALL ihre Posts davon, wie stark und toll ihr Pferd ist, weil es mit seiner Behinderung klarkommt. Das ist ja nett, wenn sie das auf ihrer Seite machen (denn Handicap Pferde haben auch immer Seiten) – aber muss damit die Allgemeinheit ständig belästigt werden? Ich hab spätestens nach dem dritten Foto verstanden, dass dem Vieh ein Bein fehlt und er keinen korrekten Viertakt mehr zeigen kann, egal wie er sich bemüht!
Sonst wird weiterhin in Diskussionen reingegrätscht.
„Hat noch jemand ein Problem damit, dass das Pferd im Gelände auf den ersten Metern weg vom Hof total aufdreht? Wie habt ihr das gelöst?“
-„Also mein Pferd ist ja taub/blind/blöd – whatever. Das ist ja noch viel schwieriger. Aber wir arbeiten daran und es wird jeden Tag besser, weil es mir so sehr vertraut.“
„Das ist ja auch schön. Aber was machst du denn dagegen?“
-„Da mein Pferd ja taub/blind/blöd – whatever ist, fällt es ihm viel schwieriger als anderen Pferden.“
Auch hier bekommen wir wieder Fotos, damit wir die entsprechende Behinderung auch verstehen. Denn nur weil da jemand sagt, da fehlt ein Bein, da glauben wir das ja noch nicht und haben sicher auch nicht genug Mitleid. Deswegen: Fotos. Vom semi-professionellen Shooting von Mutti. Aber dafür Zirkuslektionen. Alle gehandicapten Pferde müssten das wohl können. Bein gegen Kompliment? Weiß man nicht.
Am Ende weiß natürlich die Posterstellerin immer noch nicht, wie man eigentlich das Problem nun am besten angehen lässt.
Aber dafür mischen sich 10 Leute ein, die sagen: Ach, wie toll! Gut, dass du das arme Geschöpf nicht zum Schlachter gegeben hast, nur weil ihm ein Ohr fehlt. Das hat doch soooo Lebensfreude.

Foto: Ist blöd. Ist das ein Handicap?