Reiter geben gerne viel Geld aus. Wissen wir ja nicht erst seit der Equitana. Wir wissen es auch, seitdem es plötzlich hip ist, für jeden Schiss einen Spezialtrainer zu engagieren. Das habe ich zum Beispiel gesehen, als ich mein Pferd verladen wollte und der alleine mich ganz schön alt hat aussehen lassen. Umstehende waren zu faul um mal mit der Longe zu wedeln, oder vielmehr: Sie fanden es zu brutal. Warum auch immer – nur Tüddeltanten. Nicht gut, wenn das Pferd am Strick grad seine fünf Minuten hat.
Wie viel “Ohhhhh, der Arme”, da gefallen ist. Als wenn der nicht auf den Hänger geht. Der ist schließlich zu seinen Rennen auch nicht hingelaufen! Prompt drückte man mir eine Visitenkarte in die Hand. Extra fürs Hängertraining. Ich solle doch wen kommen lassen. Klar und in der Zeit noch zwei Ställe bezahlen, oder wie?
Eine weitere Visitenkarte – der muss ja erst Mal Bodenarbeit lernen, sonst kann der gar nicht auf den Hänger. What? Wie ist der sonst drauf gekommen? Geflogen?
Ende vom Lied – jemand anderen mitgenommen, morgens, wenn die Tüddeltanten nicht da sind, einmal Transportgamaschen nach dem Pferd geworfen, einer hat begrenzt – und huiiii! Auch ein Arschlochpferd geht auf den Hänger.
Was sehen wir an dieser Geschichte? Reiter bezahlen mittlerweile alles extra. Wenn ich früher ein Problem hatte, bin ich zu meiner Reitlehrerin gegangen. Die hat mir geholfen. Und zwar bisher bei all meinen Anliegen. Auch mal drastisch: “Der Todesstern haut immer ab.” – “Dann mach halt mal ‘ne Kette drauf.” Wahrscheinlich hätte ich mir heutzutage eine Bodenarbeitstrainerin holen müssen. Oder einen, der erst mal spielerisch mit dem Pferd irgendwohin geht. Neben der Schamanin natürlich. Und einer Tierkommunikatorin. Vielleicht auch noch so ne ganzheitliche Heilerin, mit ganzheitlichem Dachschaden?
Jedenfalls ist es mittlerweile zu einfach den Reitlehrer zu fragen. Denn der lehrt ja REITEN. Nicht FÜHREN! Oder BODENARBEIT.
Entsprechend ist das Internet voll mit angeblichen Spezialisten für jeden Mist. So habe ich schon Leute gesehen, die damit werben, dass sie jedes Pferd trensen können. Wuhu! Die Qualifikation habe ich auch. Und jetzt? Darf ich spezielle Trensenkurse anbieten? Wie trense ich richtig und sehe dabei geil aus?
Solche Kurse sind ja nicht mit einem Mal getan. Der Sondertrainer fürs Verladen kommt jeden Mittwoch. Die Springstunde findet natürlich beim Springtrainer statt. Der Geländetrainer kommt Freitags. Wow … echt, kein Wunder, dass manche Kommunen die Pferdesteuer einführen wollen, wenn man sieht, wofür Reiter kontinuierlich Geld rausschmeißen.
Ein guter Reitlehrer sollte nämlich die Grundlagen und das drumherum mit abdecken. Aber es muss wohl ein Spezialist sein. anders kann ich mir nicht erklären, warum so wenig Leute auf die Idee kommen, den hauseigenen Reitlehrer mal auf das Problem anzusprechen. Und auch wenn der Westernreiter ist und man selbst Englisch reitet (oder andersherum), wird der wohl gerade noch erklären können (oder mal helfen können), wenn man sagt, dass einem das Pferd auf dem Weg zur Weide abhaut. Oder es nicht auf den Hänger geht. Meist kostet dieses einmalige Gucken auch gar nichts. Gehört für die Reitlehrer irgendwo dazu. Bei den Guten zumindest. Klar, die verladen jetzt nicht jeden Sonntag das Pferd – aber bei einmaligen Fragen und Erklärungen … ja, da helfen die wohl.
Aber das geht nicht. Mit einmal ist doch nichts kuriert. Da muss ein aufwändiger Bodenarbeitskurs her, mit vertrauensbildenden Maßnahmen.Ein bisschen Selbsthilfegruppe mit anderen Betroffenen dazu, vielleicht auch noch mal die Tierkommunikatorin fragen, warum das Pferd immer wegläuft. In der Zwischenzeit ist es noch zehnmal weggelaufen, aber man hat schon fünf Termine mit diversen Spezialisten vereinbart.
Früher konnte man auch mal ältere Reiter fragen. Welche, wo man wusste, dass die einem weiterhelfen können. Ist auch schwer out. Die haben schließlich keine Qualifikationen nach Trainer Sülzkopf. Und haben die überhaupt schon mal was von energetischen Strömen gehört? Bestimmt nicht! Die kommen mir nicht ans Pferd.
Übrigens … der Rat meiner Reitlehrerin … also der hat gefruchtet. Todesstern war fortan mit Kette nie mehr alleine unterwegs. War ganz schön günstig. So im Gegensatz zu 3000 Trainern, die am Ende doch nur festgestellt hätten: Es ist böse. Und es will böse bleiben.
Foto: Kennt keine Spezialtrainer. Vielleicht besser so.