Wenn ich meinem Pferd eine Freude machen will, dann lege ich eine Stange in seinen Weg. Hin und wieder muss man ja auch machen, was das Pferd will, damit es bei Laune bleibt. Es darf aber nur eine sein. Das ist absolut klar definiert. Zwei sind blöd, drei sind ultra blöd und wenn es heißt, wir stellen da mal einen Sprung hin, dann tut das Pferd erst Mal so, als wüsste es nicht, wofür der da ist – weswegen der Spaß erst nach mindestens 30 Minuten kommt. Also eine Stange. Die ist toll. Ich muss nicht diskutieren, ob man da drüber geht (bei zwei oder drei Stangen wird das Pferd mir verklickern, dass man da nicht drüber kommt), es passiert einfach. Ich könnte nebenher meine Steuer erledigen, das Pferd geht zuverlässig seine Runden und wackelt über die Stange. Nicht schön, aber selten.

Sein Feel-Good Tag beginnt also an der Longe. Einziger Kompromiss, man schleicht nicht wie ein sterbender Schwan durch die Bahn, dafür störe ich mich nicht daran, wenn er seine Schrittpausen kurz gestalten will. Und das will er definitiv. Sehr kurz. Ich pariere durch, er geht drei Tritte Schritt – er trabt an. Sollte ich mich an einem Stangenspaßtag erdreisten zu sagen: “Ey, ich meinte das auch so!” dann kann ich das Pferd in Vollendung schleichen sehen. Wow. Jedes Schulpferd wäre auf diesen Schluff neidisch. Manche Kandidaten würden es die totale Versammlung nennen. Ich nenne es: “Es ist schon tot, hat’s nur noch nicht gemerkt.” Jedenfalls hat er keinen Bock auf Schritt, denn da ist eine Stange. Gut, mach du mal, amüsier dich.

Wenn ich also kurz mal durchpariere, ist das Pferd gleich weiter im Text. Frei nach dem Motto – ich soll doch eh bald wieder antraben, kann ich auch jetzt machen. Und die Stange. Uhhh. Was der damit alles kann. Wie knapp man die Füße davor setzen kann, wie weit man sich plötzlich strecken kann – faszinierend. Er schnorchelt, er zieht an, Hauptsache über die Stange. Auch die Allseits geliebte Bahn wird zugunsten der Stange abgekürzt. Denn man kommt in derselben Zeit, auf dem Zirkel, viel häufiger drüber. Normalerweise muss man ihn mit nem Backofenreiniger von der Bande kratzen, die verlässt er, sofern kein anderweitiges Kommando kommt, nicht freiwillig.

Und dabei sind wir noch gar nicht galoppiert. Das kommt jetzt erst. Normalerweise muss ich nach ein oder zwei Runden darum bitten, meine Hilfe nicht plötzlich zu ignorieren und durchzuparieren, liegt die Stange da, zucke ich mit den Schultern, drehe mich lustig im Kreis und warte darauf, dass das Pferd genug hat. Was lange dauern kann. Da steht man, guckt mal auf die Uhr, während das Pferd in gaaanz gediegenem Galopp um einen rumhöppelt. “Huiiiiiiii!”, ruft es innerlich. Wahrscheinlich auch: “Guck doch mal! JETZT GUCK DOCH MAL!”, bis man “Sehr schön, mein Schatz”, antwortet. Viel zu frühe Absprünge, viel zu knappe Absprünge, das Pferd ist bestens entertained. Bin immer ganz fasziniert, was der mit seinen Haxen alles machen kann.

Andere Hand? Seine schlechtere. Egal, wenn eine Stange liegt. Interessiert nicht wirklich. Ich gucke also immer noch auf die Uhr, frage mich, wann er genug hat. So in etwa stelle ich mir das vor, wenn Kinder auf diesen Figuren vor irgendwelchen Geschäften hocken, die wackeln. Ihr wisst schon, wie das C&A Pferd. Während Mama oder Papa daneben stehen und sich denken … woooow, ist das spannend. Aber wenn das Kind Spaß hat …). Irgendwann wird das Pferd sich dann bei mir einfinden, sagen, dass es fertig ist und ich darf dann trockenreiten oder führen. Aber entertained war er in jedem Fall.

Foto: Keiner versteht mich!