Reiter kann man sehr einfach schockieren. Indem man ihre ungeschriebenen Regeln verletzt und dabei auf völliges Unverständnis stößt. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Ich habe hier mal eine schockierende Kollektion an Dingen, die bei anderen Reitern einen absoluten Synpasensturm hervorrufen. Einfach nur so, falls ihr mal Köpfe rauchen sehen wollt.
1) “Ich habe keine Reithose!”
-Ach, so … dann Jodhpur? Nein. “Eine “Reggins”?” Nein. “Was denn?” Eine Jeans! “Die macht den Sattel kaputt!”
Reiter können es 0 verstehen, wenn andere Reiter keine Reithose, die in einem Reitgeschäft erworben wurde, zum Zweck sie zum reiten zu benutzen … Da gibt es irgendeinen Kurzschluss im Reiterhirn und man kommt in genau diese Laberspirale. Also, wenn ich nach 8 Lot täglich mit demselben Trainingssattel keine Schrammen da drin hab … (und ja, wir sitzen maximal 5 Minuten nicht IM Sattel, ansonsten traben wir leicht und reiten Schritt, wie die großen Kinder), dann verkratzt auch euer Dressursättelchen nicht.
2) “Ich impfe regelmäßig!”
– “Dann ist es ein Turnierpferd?” – Nein?
Impfen in gewisser Regelmäßigkeit sollte doch eigentlich drin sein, oder? Aber halt: Die Pharmaindustrie. Ich meine, ich brauch bei meinem Winzzstall nicht total ausgefuchste Sonderimpfungen. Aber zumindest Tetanus sollte doch drin sein. Auch heute sterben Pferde noch an Wundstarrkrampf. Googelt mal Bilder, wenn ihr mir das nicht glaubt. Hier in Deutschland. Tierärzte können davon erzählen. Also, das sollte doch wenigstens drin sein, oder? Ach, Moment … von Impfen werden Pferde ja autistisch.
3) “Ich dusche meinem Pferd die Beine nach dem Reiten.”
– “Aber wir haben nur 10°! Das wird doch krank!” – Nein. Lasst euch sagen, Heerscharen von Rennpferden werden auch bei unter 10° die Füßchen geduscht. Und krank sind die alle davon nicht nicht geworden. Ich mag das halt nicht, wenn da ewig viel Platzschnodder im Fell hängt. Da wird geduscht und abgewischt. Niemand stirbt daran. Am wenigsten das Pferd, das sowieso eher kalte Temperaturen bevorzugt.
4) “Manchmal arbeite ich mein Pferd gar nicht.”
– “Ist es krank?” – Nein. “Aber warum dann nicht?” – Manchmal hab ich halt keine Lust. Und er auch nicht. Wenn ich merke, dass keiner Lust hat, dann reite ich stumpf ein bisschen Schritt, trab mal kurz an und dann war’s das auch. Im höchsten Fall gehe ich dann noch ne Runde Schritt im Gelände. Und? Wer will’s mir verbieten? DU?
5) “Ich habe Steigbügel an meinem Fellsattel.”
– “Boah, das tut doch voll weh! Das ist Tierquälerei.” Ne. Das kommt nämlich ganz aufs Pferd und den Fellsattel an. Man kann nicht jedes Pferd mit jedem Fellsattel reiten und schon gar nicht mit jeder Steigbügelaufhängung. Denn die möchte man ja nicht auf dem Widerrist haben.. Mit entsprechendem Polster darunter (sei es, dass das Pferd die von Haus aus mitbringt) oder einem Pad ist das aber mal so was von kein Problem, wenn sie dahinter liegt. Das muss halt nur richtig liegen. Leider liegt das bei den meisten Leuten nicht richtig, weil es ja ein Fellsattel ist und der passt ja automatisch und ist toll. Kommt aber auf Statur und Gurt an, damit der Druck sich für den Rücken angemessen verteilt. Und nein, Wirbelsäulenfreiheit braucht der Sattel nicht. Auch so ein Märchen.
6) “Ich brauche kein Gebiss.”
– “Ja, aber wie willst du denn ein Rennpferd halten, wenn das abgeht?” – Na, so wie mit Gebiss auch? Ich kenne Rennpferde, die laufen auch im Rennen gebisslos. Und ich kenne Pferde, die gehen mit Gebiss durch. Das ist doch mittlerweile echt ein alter Hut. Und nein, ich finde Gebisse gar nicht doof. Passt nur grad nicht für mein Pferd. Oder vielmehr dauerhaft. Ist einfach nicht so seins.
7) “Ich galoppiere manchmal gar nicht.”
– “Hast du Angst oder was?” – Nein. Aber wenn er sich im Trab nicht biegen möchte und mir die Monorail macht, wird er im Galopp jetzt auch nicht toller. Nur schneller. Schneller brauch ich dann auch nicht. Kann manchmal keiner verstehen. “Kannst du etwa nicht Galopp reiten?” Nein. Du hast es erkannt. Kann ich überhaupt nicht.
Foto: Das Hascherl an der Doppellonge. Armes Tier, bei Sonne sieht man Rippen.