Reiter sind die Bremsklötze ihrer Pferde. Das kann man ruhig mal so festhalten, denn oftmals sind sie es Schuld, wenn ein Pferd irgendetwas nicht macht. Natürlich gibt es auch anatomische Gegebenheiten, die dem Pferd manche Dinge erschweren. Aber wir selbst sind manchmal einfach das Hindernis, das es zu überwinden gilt. Und zwar für das Pferd.
Ich bin auch liebend gerne der Bremsklotz. Weiß ich auch.

Da sitze ich also, smooth, wie ein Backstein, innerer Zügel dran, Biegung … huiiii und es flattert der äußere Zügel. Yay! Was soll das Pferd damit anfangen? Und ich frag mich noch: Mann, warum macht der das nicht? Ist der doof? Die einzige, die doof ist auf dem Platz, bin aber ich. Jedenfalls in diesem Moment. Ich kann ja nicht erwarten, dass mein Pferd auf halbe Hilfen reagiert. Immerhin: Ich weiß das. So in der Rückschau. In dem Moment verstehe ich nicht, wie man das ignorieren kann, was ich da oben drauf tue. Aber besser ist’s. Ich mache nämlich offenbar gerade Blödsinn.

Es ist halt gar nicht so einfach, dieses ganze REITEN. Es schleichen sich Fehler ein, die uns kaum bewusst sind, aber plötzlich riesige Auswirkungen haben. Da hilft es nur, sich selbst sehr kritisch anzuschauen. Oder von Außen draufschauen lassen. Dafür sollen ja angeblich Reitlehrer da sein. Nicht zum Ego-Streicheln.
Das ist auch der Grund, warum man sich jeden Tag als Reiter weiterentwickeln sollte. Ansonsten bleiben diese Dinge einfach da und weder Pferd noch Reiter kommen irgendwie weiter. Im schlechtesten Fall macht man mit seiner falschen Reiterei noch was kaputt.

Manchmal gibt es auch kuriose Sachen. Gestern ging das noch. Heute nicht. Wieso? Am Pferd liegt’s nicht, das verweigert ja nicht. Das macht nur völlig andere Sachen, als man eigentlich will. Oder ist es doch das Pferd? Wir grübeln also. Mal ein paar Tage. Machen andere Sachen, prüfen noch mal den Gehorsam. Ne, das passt. Aber warum macht der das denn jetzt nicht mehr? Letzte Woche ging es noch.
Außenstehende empfehlen dann gerne Sitzlonge. Machen wir artig, um denselben Fehler dann trotzdem wieder zu machen. Ist nämlich eine völlig andere Situation.

Ganz kurios wird es dann, wenn unsere Reitlehrer oder andere Leute, denen wir vertrauen, aufsteigen. Und da läuft es dann. So richtig und schick. Woah, das können unsere Pferde dann manchmal toll gehen. Oder auch nicht. Könnte meinem Pferd ja nicht passieren, dass da ein fremder Reiter mit ihm arbeitet. Aber “normale” Pferde tendieren dazu. Wahrscheinlich, damit wir uns so richtig scheiße und klein fühlen können. Aber wir beruhigen uns ja schnell: Wir sind halt auch keine Profis. Wenn DIE das kann … ja, okay. Aber man selbst ist halt doch nicht so gut wie der eigene Reitlehrer. Deswegen ist man selbst ja auch der Schüler und die andere Person der Lehrer.

Wir versuchen es also wieder. Überwinden mal wieder unsere eigenen Schwächen. Haha! Danach fühlen wir uns auch richtig gut. Nichts ist toller, als dann wieder harmonisch über den Platz zu schweben und vorwärts zu kommen. Vorwärts in Lektionen, in der Haltung, was auch immer … Oh … Moment … spontan fällt unserem Körper etwas neues Fieses ein, über das wir Reiter künftig nachgrübeln müssen. Wie wär’s denn jetzt mal mit Becken abkippen? Da geht das Pferd lustige Kringel und alle lachen. Außer dem Reiter, der sich schon wieder fragt, was er denn jetzt bitte wieder falsch gemacht hat?

Danach fängt nämlich das ganze Spiel von vorne an. Ich hab übrigens nie behauptet, dass Reiten wirklich Spaß macht. Also richtiges Reiten macht schon Spaß. Wir selber vermasseln uns den nur dauernd, weil wir einfach wahnsinnig gerne der Bremsklotz im eigenen, reiterlichen Fortschritt sind.

Foto: Huiiiii Traber!