Ab und zu kommen wir auf die Idee, es könne noch jemand uns etwas beibringen. Vielleicht auch etwas anderes als der Reitlehrer, den man sonst so hat. Dann buchen wir eine Schnupperstunde oder einen Lehrgang bei anderen Reitlehrern und reiten „fremd“.
Ich zum Beispiel bin eine recht treue Reiterin und seit Jahr und Tag immer bei derselben Reitlehrerin gewesen. Für alles rund um die Dressur. Fürs Springen immer bei einer anderen. Beide würde ich so nie ersetzen. Aber ab und zu fühlt sich ja jemand dazu berufen, einen zu unterrichten. Zum Beispiel, wenn man Praktikant ist. In einem anderen Fall hätte ich nämlich schlichtweg NIE eine andere Reitlehrerin als meine eigene bezahlt.
Ich bin also Praktikantin und MUSS zwingend die Reitstunde nehmen, die man mir anbietet. Man möchte ja einen guten Eindruck hinterlassen und ein nettes Praktikumszeugnis. Außerdem kann man ja nie genug lernen.
Ich bekomme einen Fuchs (das einzige Pferd, an das ich mich namentlich NICHT erinnere, obwohl ich es geritten bin – sonst kann ich das auch bei knapp drölfhundert Pferden). Der Fuchs ist klumpig. Wie Soße mit Bröckchen. Mag niemand. Ich auch nicht. Nicht, weil der Fuchs irgendwie blöd wäre. Nein er ist nur einfach die Ausgeburt an abgestumpftem Schulpferd, die überall propagiert wird.
Sie hat gefühlt 89 Pferde. Angeblich alle klassisch ausgebildet. Aber dieser Fuchs, der würde mir ja entsprechen. Denn ich bin ja „Englisch-Reiterin.“
Nun denn, ich gehe in die Bahn gurte nach, reite warm. Habe keine Gerte, keine Sporen. Nichts. Was bedeutet, dass dieser Fuchs auch wirklich NICHTS tut. Paraden? Deine Mutter! Gewichtshilfen? Deine Mutter, aber so richtig! Kurzum, nur mit permanentem Klopfen ist der Fuchs zu bewegen. So richtig unangenehm.
Da sieht dann auch die Reitlehrerin vom Handy auf und ist sauer: „Ja, ihr Englischreiter könnt ja auch nichts anderes als rumbolzen.“
Aha. Frage, wie der Fuchs denn wohl sonst antrabt. „Mit dem Becken.“
Ich mache diverses mit dem Becken. Rutsche mir meinen Arsch wund im Sattel, während Frau Reitlehrerin spontan ein Telefonat führt. Mit Renate. Denn Renates Reitstunde wird verschoben.
Mit reicht es in der Zwischenzeit und ich mache dem Fuchs dann doch mal kurz Beine. Mithilfe der Zügel und sehr viel Bein.
„Ja, siehst du?“ Frau Reitlehrerin ist mit dem Telefonat fertig. „Wenn man das nur richtig mit dem Becken macht, dann trabt der auch.“
Moment … hat sie überhaupt gesehen, was ich gemacht habe? Da war nix mehr mit „Becken“. Was soll „Becken überhaupt für eine ominöse Hilfe sein?
„Deine Beine sind total unruhig.“
JA, WEIL ICH JEDEN SCHRITT TOTTREIBEN MUSS! Möchte schreien, aber das macht die nette Praktikantin ja nicht.
„Jetzt mal eine Volte. Wieso ziehst du so am Zügel?“
Weil er eine Monorail ist und nur außenrum laufen kann.
„Der ist super ausgebildet, der kann das.“ In was ist der ausgebildet? In Ignoranz?
Ich versuche es noch einmal ganz smooth. Min minimalistischen Hilfen.
„Wenn du nichts machst, macht der auch nix!“
Was denn nu?
Ich reite ein Ei. Könnte als Volte durchgehen. Der Fuchs findet, dass es reicht, der pariert zum Schritt durch.
Unterdessen brabbelt die Reitlehrerin mit sich selber. „Englischreiter sind ja so lästig, überhaupt keine feinen Hilfen. Dabei kann man damit jedes Pferd reiten.“
Ich bezweifle das. „Wer hat den denn ausgebildet?“
„Ich natürlich!“, sagt sie empört.
„Kannst du mir den mal vorreiten? Ich mache das ja offensichtlich nicht richtig.“
„Ne, dafür habe ich jetzt wirklich keine Zeit. Ich muss jetzt auch zu meiner Kinderstunde. Reit‘ du mal weiter.“
Ja, denn … Tschüß’n.
Ich höre prompt mit reiten auf und führe den Fuchs Schritt, der nach paar Trabrunden so verdächtig pumpt. Außerdem rufe ich meine eigene Reitlehrerin an und buche dann gleich mal eine Einzelstunde. Und zwar für morgen. Tschüß, Praktikumsbetrieb!
Foto: Es ist nicht pink! Auch wenn das einige Leute behaupten!