Ich finde das ja immer total komisch, wenn Leute sagen, dass sie sooo stolz auf ihr Pferd sind. Mehr als 60% der Reiter kaufen sich ja schließlich ein Pferd, das ihren Erwartungen entspricht und bilden es nicht selber aus. Was dann irgendwie wirkt, wenn mir Leute was von Vaterlandsstolz erzählen: Wie kann man darauf stolz sein, dass man zufällig als Deutscher geboren wurde? Da hatte man selbst ja nun echt am Wenigsten mit zu tun. Und wenn ich ein E-Springen mit meinem Pferd gewinne, das locker L geht, was ansonsten noch der Bereiter schön in Teilkorrektur hat, dann hat das jetzt auch nicht viel mit dem Pferd selbst zu tun, außer, dass man wohl wenig genug gestört hat. Da wäre ich doch irgendwie auf mich stolz, oder? Dass ich davon auch ein bisschen nachreiten konnte. Mein Pferd konnte es nämlich auch problemlos ohne mich.
Aber auf sich selbst stolz sein, ist wohl nicht hip genug. Wirkt auch direkt so turnierreiterig und als ob einem das Pferd nicht wichtig wäre. Lassen wir Reiter also lieber ganz bleiben. Darf man ja auch meistens nicht sagen, weil die Leute dann direkt sagen: Wieso, ist doch keine Leistung. Und manchmal haben die ja sogar noch recht: Oben bleiben im Schritt ist für jemanden keine Leistung, der schon drei Jahre reitet. Angaloppieren und das aus dem Schritt ist auch keine Leistung für ein gut ausgebildetes Pferd und Reiterpaar. Vielleicht sind auch manche Pferdeseiten schuld. Manchmal glaube ich, dass die darauf stolz sind, wenn ihr Liebling auf der Weide nicht das Atmen vergessen hat und noch da ist.
„Ich bin so stolz auf Pupsi, die pöbelnde Presswurst, heute ist er mit mir nach links gegangen, statt nach rechts!“
„Ich bin so stolz auf Horst, den hustenden Haflinger, er hat heute einmal weniger gehustet!“
„Ich bin so stolz auf Rolli, das röhrende Rückepferd, der hat heute nur ein Halfter kaputt gemacht.“
Also stolz in allen Ehren, aber ein bisschen Eigenbeteiligung (auch vom Pferd), ist schon Voraussetzung um auf irgendetwas stolz zu sein. Und nicht: Der hat nichts gemacht – (kann je nach Umfeld natürlich auch eine Leistung sein, aber nicht am Waschplatz, wo der Gaul dreimal täglich herumsteht und auch sonst lieb ist!). Oder: der hat weniger schlimme Sachen gemacht. Das ist nichts Tolles. Das ist so semi-gut, mehr aber auch nicht. Ich feiere mich doch auch nicht, wenn das Pferd heute mal nicht das Heunetz runtergeholt hat und sag, wie stolz ich auf ihn bin, dass er das heute mal gelassen hat. Könnt ich natürlich machen – ist aber Quatsch.
Genauso übrigens, wie wenn Sachen „gutgegangen“ sind. Pferd ist nicht durchgegangen am Halsring … yay. Da sind ja auch immer alle so stolz. Aufs Pferd natürlich. Erstens Mal: Man könnte auch einfach auf sich selbst stolz sein, denn wenn man ein Pferd wirklich mit Halsring arbeiten kann, dann hat man einen sehr zügelunabhängigen Sitz und das ist ja nun wirklich mal was Tolles. Aber nein, sie sind stolz auf ihr Pferd und meistens haben sie eh keinen zügelunabhängigen Sitz, weil sie ja nur übers Feld fetzen und Leute gefährden. Das ist jetzt wirklich nichts worauf man stolz sein kann.
Kann man nicht mal anfangen auf sinnvolle Sachen stolz zu sein? Das mag beim einen schon das Aufsteigen sein und beim anderen ein schwieriger Parcours, mit einem Pferd, das nicht gut springt, aber gerne – alles gebongt. Aber muss man auf Selbstverständlichkeiten stolz sein? Am Ende gar darauf, dass das Pferd einfach da ist?
Stolz ist etwas, das man empfindet, wenn man was erreicht hat. Das Ziel ist dabei völlig irrelevant. Aber es sollte schon auch irgendwo Arbeit dahinter stecken. Dann könnte man nämlich auch mal auf sich: als Pferd und Reiterpaar – stolz sein. Denn daran krankt es ja nun mal oft mehr als genug. Der Reiter formt immer noch das Pferd. Das heißt, er darf sich also auch mal selber loben, wenn was gut klappt. Und Stolz empfinden gehört dann auch dazu.
Aber bitte nicht wieder stolz darauf sein, dass das Pferd hübsch ist, oder dass es vier Beine hat. Sonst fange ich an, künftig auf der Seite zu schreiben, wie stolz ich darauf bin, dass Mozart sehr schnell rennen kann. Damit habe ich zwar gar nichts zu tun, aber hey! Bin ich voll stolz drauf. Juhu!
Foto: Ich nenne es Schluff.