Hin und wieder hat so ein Pferd Momente, da muss man die einfach ignorieren. Es bringt überhaupt nichts, mit ihnen eine Diskussion anzufangen, weil das Pferd die geradezu provozieren will (Komm, wenn ich SO mache, MUSS sie reagieren und DANN kann ich …). Nö, es hilft hin und wieder einfach drüber hinwegzureiten oder hinwegzusehen. Einfach für das eigene Seelenheil, weil man sich eigentlich auch nicht wegen jedem Käse mit dem Pferd streiten will. Klassisch hat jedes Pferd so ungefähr einmal im Jahr so eine Phase. Manche im Winter, wenn es knackig wird, manche wenn die Stechviecher unterwegs sind und manche halt im Fellwechsel. Wann das passiert, ist auch egal, aber dann ist gerne alles schlimm. Der innere Schenkel, der Schatten in der Reithalle, das Hallentor, eine Ecke am Reitplatz – einfach alles.

Natürlich werden irgendwelche spontanen Grobheiten unterbunden, zu viel ist eben zu viel. Aber über den Schlenker an der Gruselecke kann man an solchen Tagen auch mal hinwegreiten. EInfach nicht beirren lassen. Man muss sich ja nicht wegen jedem Pups mit dem Pferd herumstreiten, nur weil das heute schlechte Laune hat. Wird halt weiterhin durch die Ecke geritten, vielleicht mal unaufgeregt bisschen mehr Bein, aber alle Reaktionen des Pferdes, die werden nicht kommentiert. Maximal ein Lob bei Normalität. Schließlich KANN das Pferd ja sonst durch die Gruselecke gehen. Es will heute nur nicht, weil es schlecht gefusselt ist. Maximal wird noch mit dem Pferd gesprochen. Im Kinderdutzi-dutzi-Ton. “Oh, nein, ist das heute ganz schlimm? Ja, ist super schlimm, mein armes Hascherl, gleich kommt der Geist aus der Ecke und holt dich in sein Reich!”

Mein Pferd gruselt sich nicht vor Ecken, sondern, wenn er beim Zirkel von der Bande abbiegt. In dem Moment könnte hinter ihm (an solchen bockigen Tagen) ein Säbelzahntiger lauern und dann trabt er lieber extra schnell, was ich einfach bis zu einem gewissen Grad ignoriere, dann aber fordere. Du wolltest doch flott traben, dann machen wir jetzt weiter. Näää, das wollte er auf keinen Fall. Er wollte nur seinen Unmut über den Gesamtzustand ausdrücken und überhaupt … was soll das jetzt? Warum kann ich nicht einfach auf den Arm. Oder noch besser: Du lässt mich ganz in Ruhe, ich suhle mich gerade in meiner schlechten Laune und will einfach bisschen Gespenster gucken. Hallo? Redest du noch mit mir? Warum müssen wir jetzt immer noch so schnell traben?

Pferde sind davon gerne mal verwirrt. Wieso passiert hier jetzt gar nichts? Wieso interessiert sich keiner für meine spontane Angst vor der Decke an der Hallenbande, die da jedes Mal liegt, wenn ich geritten werde? Ah, endlich, Frauchen geht mal hin und guckt die sich an. Aber Moment, jetzt will sie trotzdem, dass ich antrabe? Wie kann das sein? Was ist das nur für ein Hexenwerk? Einfach weitertraben? Die ist ja merkwürdig. Sieht sie denn nicht, wie schrecklich diese Decke ist? Ein Stück Satanswerk! Hilfe! Während das Pferd grübelt, vergisst es schließlich irgendwann die schlechte Laune und auch gerne, dass es da eigentlich ganz schlimm Angst hat. Man muss die nur ein bisschen austricksen. Nur aufpassen, dass man sich nicht verschaukeln lassen.