Wir bewegen uns mit schnellen Schritten auf den Winter zu. Und auf ein paar Eigenheiten, die es nur bei Reitersleuten im Winter gibt. Denn Winter heißt ja nicht: Dann bleib ich halt drinnen und warte, bis es wieder Frühling wird, so wie manche Menschen das ja praktizieren. Ne, dann muss man ja raus. Denn dem Pferd ist es piepegal, ob Winter draußen herrscht oder nicht, das ist schließlich der Zar (oder die Zarin – muss aber nicht am Geschlecht definiert sein) – die Untertanen mögen sie bitte bespaßen, füttern und für Auslauf sorgen. Und zwar 365 Tage im Jahr. Es interessiert nicht, ob draußen ein Schneesturm tobt. Entertainment! JETZT
Das fängt ja schon mit der Anfahrt zum Stall an. Normalerweise flutschen wir da einfach so hin, jetzt stehen wir im Stau. Weil furchtbare Menschen unterwegs sind, denen das Bahnfahren jetzt zu kalt wird, die aber gleichzeitig, weil sie sonst dauernd mit der Bahn fahren, total unerprobt im normalen Straßenverkehr sind. Da sieht man sie dann zittern, weil drei Schneeflocken runterkommen und halten SÄMTLICHEN Betrieb auf (ich hasse sie alle!). Auch den Stallbetrieb. Leider liegen Ställe per se erst Mal ländlich. Und bei ländlichen Gegenden hört dann auch schon mal der Schneeräumdienst auf. Oder der Streudienst. Ergo ist es an vielen Ställen so, dass man die Eisbahn nehmen muss, um endlich sein Pferd zu sehen.
Vielleicht kommt man auch gar nicht hin, weil die Karre nicht anspringt. Schließlich stecken wir ja unser ganzes Geld ins Pferd, da haben wir kein Geld für ein neues fesches Auto.
Im Stall selbst bekäme Heidi Klum einen Anfall. Alle im Zwiebellook. Reiter sehen aus wie dicke laufende Zwiebeln und je nach Tätigkeit schälen sie sich einen Part davon herunter. Anders geht es ja nicht. Sonst friert man sich ja den Hintern ab. Winterreitstiefel sind zum Reiten außerdem eher verpönt (dick und klobig), sodass man eine merkwürdige Mischung daraus sieht. Auf Farben wird meistens auch nicht geachtet, Hauptsache es ist warm und man friert sich nicht den Hintern ab, wenn man sein Pferd antrifft. Aber ach, das ist auch nicht so einfach, denn die Kälte birgt auch fiese Stolpersteine. Zum Beispiel die ewige Frage, was man eigentlich dagegen macht, dass die Tränken zufrieren. Gibt ja Leute, die behaupten dann, wenn man einfach mal die Fenster für ne Nacht zumacht, sterben die Pferde oder werden zumindest schwer krank (aber wenn man nicht Mistmatratze mit 50% Ammoniakgehalt in der Luft, spielt, stirbt da dann doch eigentlich niemand von). Also kann man das nicht einfach so machen.
Dann ist da auch noch die Weide, wo man das Fenster jetzt eh nicht zumachen kann, oder der Offenstall und die Tatsache, dass man sowieso nur einen Wassertank hat. Nichts davon macht Spaß und plötzlich sieht man Reiter statt in der Muckibude im Stall die Bizepsmuskeln trainieren, wenn es heißt: Wasser marsch – ab jetzt wird geschleppt.
Weidereperaturen? Kannste machen, je nach Reperatur aber auch vergessen. Nämlich dann, wenn der Boden friert. Aber du darfst natürlich gerne versuchen, neue Pfosten in den gefrosteten Boden zu schlagen. Nicht vergessen, dabei mindestens zwei Schichten der Zwiebel ausziehen, sonst schwitzt man sich zu Tode.
Die Pferde an sich sind jetzt auch nicht immer einfach. Vor allem, wenn man keine Halle hat. Da ist das Pferd schon knallefrisch, aber man kann nicht arbeiten, weil der Platz friert. Die Kollegen mit Halle … ja, die sind aber nicht zwingend besser. Weil die Pferde sich dann auch mal austoben. Ja, auch wenn die jeden Tag draußen stehen. Weiß nicht, woher immer das Märchen kommt, das Pferde ja nur deswegen knallig werden, weil sie im Winter nicht rauskommen. Da brauchen die gar keinen Grund für. Sondern nur einen Anlass. Und sich aufwärmen, machen Pferde eben manchmal anders als Menschen. Achso … anschließend aber nicht vergessen, die Zwiebelteile wieder anzuziehen. Das ist ja sonst blöd und man wird krank.
So – Tschüß Stall. Oder auch nicht. Eingeschneit. Oder Auto springt nicht an. Tolles Hobby, oder?
Foto: Hält Winterschlaf und ist daher im Winter noch langsamer als im Sommer.