Dieses Mantra sagt sich der Reiter sehr oft. Ich auch. Ich sage mir übrigens auch, dass ich meine Seite liebe, aber die macht’s mir heute auch nicht leicht, genau wie das Pferd, weil ich verdammt noch mal keine Bilder heute hochladen kann! Das hat gefühlt dreihundert Jahre gedauert, weil ich einfach ein weißes Fenster bekam. Ich muss mehr Yoga machen. Beruhigungstee trinken. Koffein reduzieren. Strandurlaub im Entspannungsbootcamp machen. Was weiß ich. So.
Reiter stehend ständig daneben, wenn das Pferd sich mit Anlauf daneben benimmt und rufen sich ins Gedächtnis, warum sie den Zossen nicht am nächsten Baum anbinden und hoffen, dass der Sperrmüll oder der Schrotthändler ihn mitnimmt. So auch ich. Nirgends häufiger, als wenn ich einen Schmiedtermin habe. Den hatte ich gestern.

Mein Pferd ist ein blöder Lurch. Ich sagte ja schon mal, er macht nichts Wildes, nur Nerviges. Und dazu gehört, dass er sich regelmäßig versucht hinzusetzen. Mein Schmied versucht dabei einfach trotzdem zu beschlagen, weil Mozart das Spiel zur Not auch DREI! Stunden am Stück spielt. Gestern waren wir immerhin schon mal auf eine Stunde runter. Das ging echt. Was aber nicht heißt, dass es nicht trotzdem total peinlich und unangenehm war, weil sich doch jeder Außenstehender denkt: Die Frau kann ihr Pferd nicht erziehen. Dabei ist er sonst ein stinknormales Pferd das da stehenbleibt, wo man es abstellt, nie buckelt, nie steigt oder sonstwie unangenehm auffällt. Nur beim Schmied. Und dann schämt man sich so wunderbar. Weil der andere ja denken muss: Wow, ist das ein hilfloses Frauchen, nicht mal ihren Gaul erziehen kann die.

Also nein, denkt der Schmied natürlich nicht, weil er weiß, wie Mozart sonst ist und ihm das auch andere berichten können. Aber man selbst denkt, dass der andere das denkt. Kompliziert, was? Und doch sehr einfach, denn wir alle kennen dieses Gefühl. Wenn drei Pferde auf der Weide stehen, der Zaun plattgetrampelt ist und DEIN Pferd draußen steht, dann schämst du dich auch mal wieder. Wenn alle Pferde mit ihrem Zeugs zurück kommen, nur deins hat ein Eisen, das Halfter ein Ohr und ein bisschen Fell verloren und außerdem noch seine Decke zerfetzt, dann schämst du dich auch.
Und schreist innerlich dem Vieh zu: „KANNST DU NICHT SEIN WIE DIE ANDEREN?“ Während das Tier gerade unser Handy zerkaut oder so was.

Noch peinlicher wird es dann, wenn andere dabei sind. Alle Pferde stehen lieb am Putzplatz. Nur deins nicht. Das wirft sich hin, weil ein Floh gehustet hat. Oder spielt Houdini. Oder hat Suizidabsichten. Während die anderen gefühlt tuschen („Hat die ihrem Pferd nicht mal ANBINDEN beigebracht?“ Boah, was ist das für ne schlechte Reiterin!“) Alle anderen Pferde werden auch gesattelt. Deins nicht. Das macht Theater, weil es angeblich heute das erste Mal den Sattel sieht. Oder die Trense. Oder ihm passt die Farbe von der Schibbi-Schabbi nicht. Es befreit sich und rennt davon. Spätestens dann möchtest du im Boden versinken. Oder der Gaul soll drin versinken.

In der Halle ists nicht besser. Alle Pferde traben locker flockig um sich aufzuwärmen. Deins buckelt, weil ihm heute ein Pups quersitzt und anschließend schüsselt es wie ein besoffener Ire auf dem Heimweg durch die Halle und du kannst nicht mal gescheit sitzen. Während alle schon gucken, was DU eigentlich in ihrer heiligen Fortgeschrittenen-Reitstunde zu suchen hast. Du bist ja wohl eine absolute Fehlbesetzung.
Dann hat dein Pferd natürlich auch noch Besonderheiten, die wieder kein Pferd hat. Du darfst dein Bein bei der Galopphilfe nicht zurücklegen. Oder es hängt die Zunge raus. Ein Ohr schief. Irgendwas. Damit du blöd aussiehst. Vielleicht wirds auch ganz peinlich. Ein Hocker fällt um. Alle Pferde gucken mal kurz. Deins nicht. Das rastet aus. Völlig. Und du liegst im Dreck. Während andere sich fragen, was da jetzt los war. Jippie.

Dann … genau DANN hört man dieses bösartige Gemurmle: „Ich liebe mein Pferd.“ Meist geschnaubt und halb gestöhnt vorgetragen.

Foto: Ommmm