Immer wieder bin ich erstaunt, über was man bei der Pferdezucht einfach hinwegsieht. Vor allem, wenn es um offensichtliche Krankheiten geht, deren Dasein man zum Beispiel leicht herausfinden könnte – man müsste eben nur drauf testen. Trotzdem ziehen es nicht nur Wald und Wiesenvermehrer vor, manche Dinge einfach nicht zu wissen, auch in der Sportpferdezucht werden beide Augen gerne mal zugedrückt, wenn es doch so toll läuft und dann vielleicht noch den Sonderlack hat. Komm, was interessiert da PSSM und Co.? Die Leute kaufen die Biester doch trotzdem. Neben der Eigenleistung kommen halt auch noch so Sachen wie Härte dazu (ja, die gilt auch für Warmblutpferde, nicht nur für Vollblüter). Dreijährig einmal Bestnoten eingeheimst, danach nie wieder gesehen? Jo, passt schon, züchten wir mit.

Es wird ja teilweise noch nicht mal “gehofft”, dass sich etwas nicht vererbt, man stellt fest: Jo, das tut’s und man züchtet munter weiter damit. Das ist eigentlich überhaupt nicht das Ziel, man will doch korrekte Pferde mit Veranlagung X und das gilt sowohl für die ganz hohen Klassen, als auch für den Freizeitbereich. Sie sollen schließlich ein ganzes Pferdeleben unter der Nutzung durch den Reiter halten. Wird aber schwierig, wenn die schon von Haus aus mit Defekt geliefert werden. Nimmt man aber gerne in Kauf, weil der Krempel ja auch gekauft wird. Hat jetzt noch nicht viel (nur paar kleine “Veränderungen in den Knochen” oder so), wird schon schiefgehen. Die böse Überraschung hat man dann halt erst hinterher, wenn das Pferd irgendwann nicht mehr läuft und die Diagnose: Rentner bekommt. In einem viel zu jungen Alter. Und damit wir uns darüber im Klaren sind: Das sind nicht alles reine Sportpferde.

Der Umkehrschluss darf jetzt aber mitnichten sein, dass man zum Vermehrer geht, weil man auf Papieren eh nicht reiten kann. Das ist ja nicht besser. Wo man in manchen Zuchtverbänden gerne mal ignoriert, dass man mit minderwertigem Material züchtet (denn so ist das nun einmal – knallharter Fakt. Wenn krank und das ganze noch vererbbar ist, dann ist das Material schlichtweg minderwertig), da gucken die Vermehrer einfach weg und leben nach dem Prinzip: Ich habe eine Stute, du einen Hengst. Mal gucken, was passiert. Natürlich KANN das ein nettes Pferdchen für den Freizeitgebrauch geben. Es kann aber genauso die totale Katastrophe für den Geldbeutel, mit Tierarztabo ergeben. Hübsche Farbe nützt dann am Ende gar nichts, wenn das Tier vollkommen vermurkst ist.

Wir reden hier übrigens nicht über die üblichen TÜV-Ergebnisse. Die sind immer schwierig vorherzusagen und auch ein Pferd mit einem 3er TÜV kann wunderbar bis ins hohe Alter leistungsfähig sein. Man arbeitet da nur mit einer Art Wahrscheinlichkeit. Es ist also wahrscheinlicher, dass das Pferd mal Probleme entwickelt. Muss es aber nicht. Nein, wir reden hier schon so von gravierenden Mängeln, nicht “könnte Probleme machen”. Und da sind auch die Züchter in der Pflicht, ungeeignete Pferde, gerade mit Gendeffekten und Erbkrankheiten auszusortieren. Damit sind nicht nur die Hengste gemeint – auch Stuten. Vor allem da geht der Trend ja zu: Oh, es kann nicht mehr geritten werden? Na, schnell ein Fohlen rein. WARUM die nicht mehr geritten werden kann … puh, das muss man sich dann nicht so wirklich angucken. Kann ja jemand anders machen. Erst mal ein Fohlen ziehen und verkaufen.

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