Irgendwann, im zarten Alter von 13 hat man mir ja den Todesstern aufs Auge gedrückt, die mich die nächsten Jahre begleitete. Irgendwann während dieser Jahre kam dann auch der ganze Krempel mit der Bodenarbeit – das Allheilmittel des Reiters, der Retter des Abendlands.
Und da der Todesstern ja viele Baustellen hatte, durfte ich mit der EINMAL (und ich betone das so, weil danach ein Verbot herrschte) – ein einziges Mal zum Bodenarbeitskurs.

Hütchen, Stangen, noch so Zeugs – wartet alles in der Halle. Todesstern hängt am frisch gebügelten Halfter und guckt. Das ist ihr hier schon mal suspekt. Stangen kennt und mag sie. Aber Hütchen? Sie ist nicht so der Typ für Hütchenspiel, ergo kickt sie eins im Vorbeigehen Richtung Trainerin: Da hast du dein Hütchen, blöde Kuh.
Ich bekomme einen bösen Blick und nuschele entschuldigend: „Die ist sehr schlecht gelaunt.“
Die brabbelt irgendwas von Dominanz. Oh, bitte nicht. Der Todesstern mag das Wort nicht.
Neben mir betreten noch zwei weitere Leute mit Pferd die Halle. Einmal Warmblut mit Büffelmanieren und eine Araberstute, die jetzt schon ihren Namen tanzt. Na, die wird wohl Kursstreber.

Die Trainerin weist uns an, uns vorzustellen, außerdem möchte sie wissen, was wir erreichen möchten. Theoretisch nix. Außer, dass die nicht völlig ausklinkt. Sage aber, dass ich gerne ein bisschen an ihrer Koordination arbeiten möchte, denn die paddelt ja so schlimm.
Todesstern beäugt unterdessen wieder die Hütchen. Sie hasst die, das merkt man. Wenn sie könnte, würde sie sie alle töten.

Wir sollen zum Anfang erst Mal locker flockig mit dem Pferd ein paar Runden drehen, um zu sehen, ob die Lenkung funktioniert. Würde funktionieren, das geht ja noch alles hier. Aber diese Hütchen stören den Todesstern, sodass aus meiner Wendung ein aggressiver Sprunghüpfer gen Hütchen wird. Trifft aber dieses Mal nicht.
„Die muss mit dir wenden.“
„Kann ich nicht da hinten wenden?“ Da sind nämlich keine Hütchen.
„Ne.“
Hmpf …
Ich mogle trotzdem und drehe meine Kreise mit wedelndem Strick (weil man das wohl hier so macht) einfach ein bisschen abseits der Hütchen. Während die Araberin schon 2000 Kreise gemacht hat. Streber. Das Warmblut latscht gemächlich hinter seinem Frauchen her. Der hat die Hütchen noch gar nicht wahrgenommen und büffelt die der Reihe nach um.

Todesstern ist zufrieden, die nervigen Dinger liegen im Staub zu ihren Hufen – Herz, was willst du mehr. Wir machen uns also weiter warm und dann sollen wir zu den Stangen rüber. Unterdessen stellt die Bodenarbeitsfrau aber die bösen Hütchen wieder hin. Viel zu nah an die Stangen.
„Dann habt ihr eine optische Begrenzung!“
„Optische Belästigung“, behaupte ich. Todesstern pflichtet mir bei, indem sie aggressiv auf eins der Hütchen zuspringt und versucht es zu beißen. Es scheppert, weil sie dabei mein Bein streift.
Da ist die Bodenfrau böse: „Mit dem Strick zurückschicken! Das ist ein Signal. Die muss deinen Bereich respektieren)
Meine Hand ist auch ein verdammtes Signal, dass gerade sagt: Scheiß auf deine Hütchenphobie, ich steh hier auch noch! Jetzt sind wir beide schlecht gelaunt. Super Vorraussetzung. Todesstern hat aber immerghin verstanden: Ich > Hütchen. Okay. Versteht sie.

Wir traben also einmal über die Stangen. Aber das passt der Frau nicht. „Die ist nach außen gestellt.“
Ja, weil da die Hütchen sind! Problem löst sich nach der nächsten Runde, weil das Warmblut dran ist, das konstant neben den Stangen trabt und mit seinem Wanst alle Hütchen plattwalzt. Danach darf ich dann auch in manierlich über die Stangen.

Aber nun möchte die Araberstreberin die Hütchen haben, wegen der Biegung. Ich versuche auch zu biegen und zwar ab, denn ich will dieses Theater in drölf Akten eigentlich sehr schnell beenden. Ich seh ja, wie viel Spaß es dem Pferd auf einer Skala von 1 bis 10 macht: -8. Aber nein, ich muss doch noch mal zu den Hütchen. Das erste wird nur beguckt. Dann schnellen die Ohren nach vorne, Todesstern stürzt sich auf das zweite Hütchen, es knallt, sie versucht loszurennen – mit dem Hütchen in der Schnute, scheppert gegen die Bande (mit Hütchen) und spuckt es dann vor die Trainerin. Alles übrigens, ohne meinen Bereich zu missachten. Mensch, das nützt ja richtig viel.
Außer dem Hütchen spuckt sie auch noch ein Stück Zahn aus und schleckt sich mal großzügig.

Als ich mich umsehe, ist die Araberin vor Schreck davongelaufen und das Warmblut bockt noch. Ähm … ich geh dann mal.

Foto: Steht voll auf Hütchen.