Einmal in den Busch – das kann doch gar nicht so schlimm sein. Doch, das kann es. Zumindest wenn man das richtige (oder in dem Fall: Falsche) Pferd dabei hat.
Irgendwann kommt jeder Trainer mal auf die Idee: Hm, das Pferd hat sich bisher nirgends hervorgetan, geh’n wir doch mal ins Gestrüpp mit dem. Vielleicht kann man es ja als Nachwuchspferd verkaufen, wenns sonst schon nichts anderes gut macht.
Somit sitze ich auf einem Jungspund, der nur durch eins auffällt: Alles stören. Ein Dunkelbrauner Wallach aus eigener Zucht der Reitlehrerin, nicht eben ihr Liebling.

Meine Mitreiter und ich haben es weit bis zur nächsten Buschstrecke und schon auf dem Weg dahin macht der Jungspund alle blöde. Pferde auf die Bundesstraße schubsen, in Schabracken beißen, er ist wie ein pöbelnder Teenager, der alle nervt, von dem sich aber niemand traut, mal hinzugehen und ihm eine Backpfeife zu geben, weil sein Papa nämlich schnell mit den Anwaltsbriefen ist. So müsst ihr euch den vorstellen – so ist es am passendsten.
Wir kommen entnervt an der Strecke an und der Jungspund schrumpft prompt eine Nummer. Dieses Gestrüpp ist unheimlich und der Mann, der da in der Mitte steht auch. Hilfe, Hilfe.

Warm sind wir ja, da wird jetzt noch ein bisschen getrabt und schon mal die Stangen hervorgeholt. Alibimäßig trabt der Jungspund auch drüber, nervt aber seine Umgebung mit Bockhüpfern und Zähneknirschen. Das ist ihm zu niedrig, zu blöd und überhaupt, alles Schlampen, außer Mutti.
Meine Mitreiterin hat ein eher springbehindertes Pferd dabei, das komische Dinge mit den Stangen macht. Vielleicht Mikado, vielleicht Mensch-Ärgere-Dich-Nicht. Vielleicht auch Hütchenspiel.
Ich wünsche mir sehnlichst die Omma herbei, aber die ist zu alt für den Busch.
Wir bekommen das erste Hindernis serviert. Es ist ein kleines Zäunchen auf einem Hügelchen. Wenn man normal geht, ist es unmöglich, da irgendwas abzuräumen. Entsprechend erwartet man, dass ein springbegabtes Pferd das schafft. Denkste!
Junior rumpelt stolpernd, mit der Nase im Dreck über das Hindernis und ich muss mich an den Ohren festhalten, um nicht runterzufallen. Hinter mir, schafft es der Springlegastheniker das Zäunchen umzuwerfen.

Daraufhin traut sich der Buschlehrer schon gar nicht mehr, uns irgendwo drüber zu schicken, das höher als drei Zentimeter ist. Wie soll denn das gehen?
Zum Glück ist da noch das Angeberpferd, das das Zäunchen nicht nur nicht berührt, es springt auch so hoch, dass der Buschlehrer nicht mehr weinen muss, weil man ihm die Ausschussware geschickt hat.
Meine Reitlehrerin schämt sich stumm an einem Häuschen, wo die Schaulustigen sich gesammelt haben. Das sehe ich an dem dezent nicht auf uns gerichteten Blick.

Wir machen also weiter und dürfen das erste Mal im Galopp einen richtigen Sprung anpeilen. Nacheinander, schön mit Tempo, aber gleichmäßig. Dahinter ist nämlich noch ein Wasserloch.
Bin gesandwicht zwischen Springlegastheniker und Springass und finde das gar nicht gut. Der Legastheniker vor mir düst los, springt auch, aber ich sehe ihn plötzlich danach nicht mehr, weil es bergab geht. Na, wird schon weg sein. Da zieht der Junior plötzlich an und rast auf den Sprung zu, macht fast nen Überschlag (weil bergab) und auf einmal ist das Springass neben mir. Seine Reiterin sitzt auf dem Hals, denn der parkt vor dem Wasser. Ich kann gar nicht so schnell gucken, da bin ich gleich die nächste, die so bremst.
Wo ist eigentlich der Legastheniker? Suhlt sich im Modder. Reiterin halb ertrunken daneben.

Der Buschlehrer am Berg brabbelt irgendwas. Klingt nach :“Ach, Kinners … bleibt doch in der Halle …“

Foto: Mit dem würd ich sogar in den Busch gehen. Der kann das allerdings auch.