Auch wenn ja immer schlaue Leute behaupten, dass Pferde ja alle super sozial sind und mit ihren Artgenossen und immer nur die brauchen, um glücklich zu sein, der hat manche Ausreißer nicht gesehen. So wie nicht jeder Mensch unbedingt auf engstem Raum mit Menschen zusammensein möchte, so möchte das auch nicht jedes Pferd. Und hier ist nicht mal die Weide gemeint, sondern der Alltag, den man nicht ausblenden kann. Zum Glück sind wir Menschen aber doch sozialer, denn wir treten nicht einfach Fremde, wenn die uns in der U-Bahn blöd angucken.

Andere Reiter können das aber nicht verstehen. Ein Pferd ist ein Pferd. Und Pferde mögen andere Pferde. Die haben das zu mögen, verdammt noch mal! So können es andere Leute manchmal gar nicht verstehen, warum man sie bittet, einen Anbindehaken Platz zu lassen.
„Wieso?“, hören wir dann mit empörtem Unterton. „Meiner macht doch gar nichts.“
„Nein, aber die hier braucht eine Umlaufbahn Abstand von sämtlichen Fremdplaneten, sonst setzt die ihre Primärwaffe ein.“
Unverständnis. Geht man nur kurz die Putzbox holen, steht trotzdem ein Pferd direkt Arsch an Arsch mit dem Todesstern. Die schon ausholt. Nur mit Müh und Not kommt man noch gerade dazwischen und kann die Auslöschung allen pferdischen Lebens am Putzplatz verhindern und parkt lieber schnell um.

Ignorant? Ja, das können Reiter. Vor allem wenn deren eigenes Pferd das Arschloch ist, das gerne aus seinem Boxenfenster heraus Leute und Pferde anfällt. Macht man das mal kurz zu, wenn man mit mehreren Pferden an der Box vorbei muss, wird gezetert. Ist ja nicht so, als könnte man das danach wieder aufmachen.
„Der macht doch gar nix!“ und: „Wenn das Fenster zu ist, bekommt der viel zu wenig Sauerstoff.“ Ja. Es sterben ständig Pferde daran, wenn man mal fünf Minuten die Klappe zu macht …

Auch auf Turnieren ist es nicht einfach, wenn das Pferd sozial etwas inkompetenter ist als seine Artgenossen. Oder an spontaner Platzangst leidet. Der Reiterknigge hat aber Abhilfe dafür: Die rote Schleife. Leider sind mindestens die Hälfte aller Reiter Farbenblind und halten die Schleife daher für grünes Licht – das heißt, sie dürfen fahren. Auffahrunfälle mit Schleifenpferden, weil der Reiter mal wieder Gas und Bremse verwechselt hat, passieren sehr häufig. Dann ist das Geschrei wieder groß und das tretende Pferd geisteskrank und wird bestimmt schlecht gehalten. Oder es wird geschlagen. Was auch immer – man sollte dem Reiter das gefährliche Pferd wegnehmen. Oder einen Waffenschein für Pferde verlangen.

Auch in der Halle ist das Theater schneller da, als man gucken kann. Selbst nette Pferde sind irgendwann genervt, wenn sie Bremsklotz für das unerzogene Jungpferd spielen müssen, dessen Besitzerin Fahrleinen zum reiten benutzt, damit niemand dem armen Tier in der Schnute zieht. Druck ist böse. Also ist bremsen böse.

In der Herde ist es nicht besser. Es gibt ja Pferde, die nicht wissen, wann es mal gut ist. Die kriegen dann schon mal öfter einen vor den Latz. Nur liegt das außerhalb des Einflussbereiches des Reiters. Da heißt es dann wieder: „Der Todesstern mobbt mein Pferd.“
Ne, dein Pferd weiß nur nicht, wann es nervt.
Dann schreien sie nach Maulkorb oder Einzelhaltung für das gefährliche Pferd. Oder mal wieder nach Dingen wie: Tierkommunikation, böser Vergangenheit, oder Misshandlung.

Frage mich, was die machen, wenn ständig einer bei denen aufm Schoß hockt, wenn sie im Bus sitzen. Oder ihnen beim Essen im Restaurant jemand Unbekanntes ins Ohr haucht. Sitzen die da auch und lassen das über sich ergehen? Oder sagen sie vielleicht mal bestimmt was?
Ja, machen Pferde auch. Nur eben in ihrer Sprache.

Foto: Ist der, der nicht weiß, wann es gut ist.