Ich bin manchmal ein bisschen fasziniert davon, wie sehr der Reiter die Körpersprache des Pferdes ignoriert. Dabei ist diese relativ klar. Und dann erzählen die immer was von Vertrauen und enge Bindung. Was soll denn totale Ignoranz für ein Vertrauen aufbauen? Muss ich wohl falsch verstehen.
Gut, wie sollen Reiter das heutzutage auch lernen? Denn es wird ihnen ständig vorgelebt. Beispiel gefällig? Gut! Etwa 50% aller Pferde möchten nicht im Gesicht betatscht werden. Die lassen sich da berühren, auch mal bürsten, aber den Kopf halten, oder daran herumfummeln, ohne Sinn – das mögen viele Pferde nicht gerne. Streicheln ist bei meinem auch okay, halten nicht. Das lässt er über sich ergehen, wird aber trotzdem gucken, dass ich es schnell wieder lasse.
Trotzdem sehen wir ständig Bilder, wo Mädels den Kopf ihres Pferdes halten. Man sieht ein leicht angepisstes Pferd, wenn man dann genau hinguckt. Auch wenn es die Augen auf Halbmast hat. Was aber nicht damit zu tun hat, dass dieses Pferd so entspannt ist – nönö! Sondern damit, das der Reiter seinem Gaul einfach viel zu nah ist (natürlich von der anderen Seite) und das Pferd durch Kontakt mit den Tasthaaren beide Augen zukneift.
Schon ist das Vertrauensfoto fertig. Fand das Pferd aber überhaupt nicht geil. Prominentestes Beispiel, wie ignorant man sein kann, sind hier auch die Pferdeprofis. Ich will nicht wissen, wie oft ich mich darüber aufgeregt habe, dass eine der handelnden Personen den Pferden IMMER ins Gesicht tatscht. Wir hatten früher so nen Stinkstiefel-Galopper. Der hat dir ne Kopfnuss für so was gegeben. Manchmal würde ich gerne fragen, ob man den da mal anmelden kann. Einfach nur für ein besseres Verständnis bei den Akteuren. Nicht jedes Pferd will unnötigerweise angetatscht werden! Warum auch? Ist nicht immer eine Gehorsamsfrage. Denn sie lassen sich ja zunächst mal anfassen. Aber gut finden müssen sie es deswegen noch lange nicht. Und wenn es dann ausgereizt wird, um einfach nur sein eigenes Schmusebedürfnis zu befriedigen, oder ein totaaaal vertrauensvolles Foto zu machen – ich weiß ja nicht. Jeder macht mal Spaß mit seinem Pferd und tut auch mal was, was dem Pferd jetzt nicht so gefällt. Aber forcieren muss man es doch wirklich nicht?
Gehen wir mal vom Kopf weg. Ständig sagen uns Pferde sehr deutlich, was sie von uns halten. Und es ist unser Job zu erkennen: Probiert der mir jetzt was wirklich Wichtiges zu sagen, oder hat der nur keinen Bock und überlegt sich mal, wie er das ausdrücken könnte? Versuchen kann so ein Pferd es natürlich auch – gucke ich nur bös genug und drohe mal – gehen die dann mit ihrem Sattel wieder weg? Klasse! Das mache ich jetzt öfter. Umgekehrt muss man dann halt auch irgendwo merken, wenn es ernst gemeint ist. Das ist nicht einfach. Ich erwarte auch gar nicht, dass es jedes Mal klappt. Aber unnötige Sachen kann man doch einfach mal sein lassen, wenn das Pferd sagt: „Ich mag das nicht.“ Ist ja nun nicht lebensnotwendig den Pferdekopf im Arm zu haben. Falls doch, empfehle ich die Mafiamethoden, dann zieht das Pferd die Birne auch nie wieder weg.
Wie viele Pferde auch durchaus drohend neben ihren Reitern stehen, wenn sie unbedingt ein Selfie machen müssen. Frage mich immer, ob die danach wohl eine Kopfnuss bekommen haben, oder ein spontanes Pferdezahnpiercing. Und dann immer so was wie: „Gucken eure Pferde auch so lustig?“ Nein … mein Pferd guckt ehrlich gesagt nicht so, als würde es mich gleich umbringen wollen. Und falls doch, würde ich gucken, was sein Problem ist. Und falls es außerdem keins gibt, würde ich so ein aggressives Benehmen ehrlich gesagt nicht tolerieren. Hab ja keine Lust auf Huf im Rücken. Vielleicht bin ich da auch einfach zu altmodisch für.
Foto: Hat er nicht ein bezauberndes Lächeln? Foto von Morwen Fotografie – natürlich!