Heute reden wir mal über die größte Lüge, die es in Pferdeanzeigen gibt und auch die größte Lüge, die sich Pferdehalter erzählen. Das Pferd ist “angeritten”. Was das eigentlich bedeuten sollte: Das Pferd kennt Sattel, Trense und die Grundgangarten, so wie die Gepflogenheiten auf einem Platz oder einer Halle. Das ist angeritten. Es ist noch nicht sicher in seinen Gangarten, vielleicht sitzt der Galopp mit Reiter auch noch nicht, aber man kann darauf aufbauen. Was “angeritten” in diversen Anzeigen meint: “Da saß mal das Nachbarskind ohne Sattel drauf und es ist nicht runtergefallen.” Ende. Das ist leider die häufige Wahrheit über den Status “angeritten”. Der ein bisschen mehr sein sollte, als: Saß schon mal jemand drauf. Vor allem dann gerne ohne Sattel (dabei gehört der doch dazu). Maximal ist das Pferd dann eine Runde geführt worden und fertig.
Sicherlich ist es bei manchen Pferden so, dass denen so wenig reicht. Ich selbst hab mal einen angeritten, da haste nen Sattel zur Gewöhnung drauf gemacht, ne Trense, dann selbst drauf und der war so: Ah, cool, machen wir das jetzt? Yeah! Gefühlt war der nach einer Woche einfach “fertig”. Als angeritten hätte ich den trotzdem nicht inseriert … Nur weil das Pferd besonders chillig mit den Herausforderungen umgeht, ist es eben nicht angeritten, sondern sehr lieb. Das könnte man auch so entsprechend vermarkten, wenn man es loswerden will. Doch – nein! Das wollen wir nicht. Für “angeritten” bekommt man schließlich mehr. Die Leute wollen Pferde zum Losreiten, dementsprechend muss man das eben auch reinschreiben. Ob’s jetzt stimmt oder nicht.
Generell finde ich es eh sehr seltsam, wie viele Jungpferde dann angeblich schon Kinderstunden mitlaufen (Kinder auf Rücken, die ein paar Übungen machen). Pferd ist dann angeblich auch immer “angeritten”. Nein, Mann, das ist nur bisschen zu lieb! Angeritten ist daran nichts. Nur weil man darauf sitzen kann, kann man es noch lange nicht reiten. Anreiten ist doch ein etwas längerer Prozess, als zwei Wochen: “Oh, Mensch, der macht ja gar nichts – fertig!”. Und dann meinen manche Reiter auch, sie wären jetzt fertig. Ab jetzt wird geritten. Dabei ist das ja doch ein längerer Prozess, der sich doch über einige Zeit hinzieht. Zudem reagiert ja auch ein regelmäßig und gut gerittenes Jungpferd nicht, wie der alte Professor, der alles schon gesehen hat. Nein, sie reiten es einfach so, als wäre das ein voll ausgebildetes Pferd und ganz plötzlich läuft’s dann schief.
Das Geschrei ist groß, wenn der angeblich “angerittene” Jungspund dann plötzlich etwas jungpferdetypisches macht. Buckeln zum Beispiel. Oder sein Heil in der Flucht suchen, wenn er etwas nicht versteht. Auf neue Reize nicht so reagieren, wie ein ausgebildetes Pferd. “Aber der war doch angeritten!” heult der Reiter dann. Ja … nee! Draufsitzen ist nicht reiten, das propagieren wir Pferdemenschen doch immer wieder und überall, vor allem, wenn wir Leuten erklären müssen, dass Reiten anstrengend ist. Aber beim Anreiten soll das dann plötzlich, wie von Zauberhand ausreichen? Ist nicht unbedingt logisch, oder? Da schreien sie dann: “Skandal und Betrug!”. Aber vorreiten lassen, haben sie sich das Pferd dann nicht, ne? Sonst wäre denen doch sicher aufgefallen, dass das Pferd gar nicht angeritten ist …