… nur ein bisschen Schmusi-Busi und das Pferd ist schon direkt angeritten. Wenn man es nur doll genug lieb hat. Jedenfalls suggerieren uns das die Pferdegruppen dieser Welt (vor allem Gebisslosgruppen, die können das immer super, am besten nur mit Halsring oder mit gar nix). Das wäre doch so schön. Und wenn das Pferd dann noch schonend vorbereitet wurde, ist ja quasi nichts toller auf der Welt, seit der Erfindung des Trockners, als super duper schonendes Anreiten.
Tja … da muss man halt auch das richtige Pferd für haben. Hatte ich nicht. Nie. Ich bekam irgendwie immer die, die per se schon mal den Grundgedanken: Reiten – saublöd fanden. So richtig. Mit Ansage.

Meine Reitlehrerin hat ja auch eine kleine Zucht. Nette Pferdchen, immer was dabei, kaufen die Leute auch gerne. Und wer reitet die an? Die Reiter, die dort arbeiten. Und so Leute, die zu faul waren, sich ein richtiges Praktikum zu suchen, so wie ich in meiner Schulzeit. Mein Pferd hat eine frappierende Ähnlichkeit mit meinem aktuellen Pferd. Es ist braun ohne Abzeichen … so wie fast alle Pferde aus ihrer Zucht.
Das läuft auch alles ganz cool, die Kleine, die ich habe, ist wirklich nett und fröhlich, die macht viel von selber mit. Ergo geht das die ersten Male auch alles gut und wir kommen schnell vorwärts und möchten es dann heute einmal mit Galopp versuchen.

Ich komme also zum Putzplatz und tue das, was die kleine Stute kennt – ich nenne sie übrigens die Waschlappin (in bitte! Ist immerhin eine Stute! Gender und so!). In Wahrheit hat die einen viel grässlicheren Namen, aber die Waschlappin ist sie und so soll sie auch bleiben.
Ich putze, ich kratze ihr die Hufe aus, ich sattle und gehe noch einmal zurück zum Spind, um mir die Trense zu holen – so wie ich das jeden Tag tue. Ich lasse ein Auge auf der Wachlappin, weil Jungpferd.
Ich drehe mich zur Trense. Die Waschlappin macht einen Schritt zurück.
Ich drehe mich zurück. Die Waschlappin auch.
Wir gucken uns an. Sie klappt die Ohren nach vorne und sieht absolut fröhlich und arbeitsam aus.

Ich komme zurück, lege die Zügel über den Hals, öffne das Halfter und hänge es über den Hals – ist ja ein Jungpferd. Mach ich bei den Alten nicht immer. Mein Blick trifft den der Waschlappin. Sie lächelt. Wäre sie ein Mensch, würde sie jetzt noch winken. Dann klappt sie ein Ohr um und plötzlich ist die Hölle los. Die Waschlappin wirft sich mit Schmackes nach hinten, während ich den Rest der Trense in der Hand halte. Der Panikhaken fliegt mir um die Ohren (der geht nicht auf, der bricht … so wie irgendwie alle Panikhaken). Ich werde hinterhergeschliffen, denn ich habe noch die Trense in der Hand – die ich natürlich auch nicht loslasse. Loslassen … so ein Absurder Gedanke …

Ein Ruck, ich falle auf die Nase und weg ist die Waschlappin. Auf dem Asphalt des Putzplatzes fliegen die Funken und der Rest der Trense schleift kreischend hinterher. Warte noch auf die Bomber, sieht nämlich aus wie in einem Kriegsfilm. Aber schwupp, da erspäht die Waschlappin das Tor und ist raus, Richtung Weiden.
Und ich? Ich rapple mich im Staub auf. Und irgendwie ist auch niemand da, den ich jetzt mal eben um Hilfe bitten könnte. Draußen hör ich wieder den galoppierende Hufschlag und das schleifende Geräusch der Trense. Huiiiiii und so … und das obwohl die kein Vollblut ist.

Ich gehe auf das Tor zu und gucke. Draußen rast die Waschlappin den Weg zur Weide runter. Hat sich davor wohl in der Richtung vertan. Hinterher schleifen die Trensenteile. Huiiiii …
Ein Ruck geht durchs Pferd. Dann hört das Schleifgeräusch auf. Ich befürchte die ist dann jetzt hin.
Wie war das noch mit: Heute zum ersten Mal Galopp?

Meine Reitlehrerin steht plötzlich neben mir. Weiß gar nicht, wie die dahin gekommen ist. Guckt an mir vorbei auf die Waschlappin, die trötend umdreht und nun wieder auf uns zugaloppiert.
„Wo is’n die Trense?“, fragt sie mich.
Mit einem lauten Krachen scheppert das Gebiss gegen das umgefallene Schild vom letzten Turnier.
„Da.“
„Die zieh ich dir vom Gehalt ab.“
„Ich krieg doch gar keins.“
Sie überlegt: „Dann hol die wenigstens.“

Mach ich dann mal.

Foto: Deswegen gebisslos! Natürlich