Irgendwas war früher einfacher. Sonst würden wir uns nicht immer wieder so verklärt daran erinnern. Da war irgendwas … egal ob man als Kind oder Erwachsener gelernt hat – es war einfach anders … damals. Was eigentlich? Darüber sollten wir heute mal sprechen, denn ich finde es wirklich anstrengend, was aus der Reiterei wird. Aus schnöder Freizeitreiterei, wo Mischlingsponys einfach nur durchs Gelände traben sollen. Wo es um nichts als den Abrieb des eigenen Hinterns geht und das eigene Vergnügen. Ne Moment … genau das isses nämlich!
Reiten … oder noch schlimmer – ein Pferd haben … ist vollkommen erdrückend geworden. Viele Leute (auch wenn sie es nur insgeheim tun) sind manchmal von ihrer Reiterei gestresst. Und zwar nicht vom Pferd, sondern von allem drumherum. Denn das Umfeld (Reiter und Nichtreiter) setzen einen permanent unter Druck. Wegen des Pferdes. Fängt schon beim Kauf an. Wie viele Leute versuchen einem eigentlich dreinzureden, wenn man ein Pferd kaufen will? Kommen mit irgendwelchen Anzeigen daher, obwohl sie unsere Wünsche gar nicht kennen und sülzen uns voll. Reden uns gar Pferde schlecht. Es ist ein massives Gelaber und Gesülz und an allem haben sie was zu meckern. Dass es am Ende uns und unserem Geldbeutel gefallen muss … tja, das ist doch egal.
Geldbeutel! Hast du denn überhaupt genug Reserven? Hier steigen auch die Nichtreiter voll ein (gerne die lieben Verwandten) die irgendwelche Szenarien ausmalen, wo das Pferd, wenn es spontan krank ist 10.000 Euro Kosten monatlich verursacht … also mal ernsthaft … wie oft passiert das? Wie ist man versichert? Gibt ja für alles Möglichkeiten). Und die Reiter schmeißen dir auch Zahlen an den Kopf. Also mit einem Einkommen unter X Euro ist das ja total verantwortungslos. Ich meine, man sollte jetzt vielleicht kein Hartzi sein, aber so ein Pferd kann man sich je nach monatlichen Kosten auch durchaus mit einem schmaleren Gehalt leisten, wenn man sparsam lebt. Und am Ende geht euch das auch immer noch nichts an. Wieder Druck, den das Umfeld ausübt. Beim Kauf.
Jetzt kommt die Stallwahl. Das geht auch nicht so einfach, denn es gibt Trends und Moden und Extremisten. Und das wird auch das ganze Leben so bleiben, solange man in einem Stall ist. Irgendwem ist das immer zu wenig. Zu wenig Raufutter, zu wenig Weide, zu wenig dies, zu wenig das. Oder zu viel. Zu viel Weide, zu viele Pferde, bla, bla, bla. Das müssen wir uns ständig anhören, sodass wir es künftig sowieso lassen genauer über unseren Stall zu referieren, weil wir einfach keine Lust mehr auf den Druck von außen haben. Würd’s nach solchen Leuten gehen, könnte man nämlich auch 100 Kilometer einfache Strecke mal eben fahren. Oder sich halt kein Pferd halten. Jaja …
Füttern … Oh Gott … auch hier drängt uns das Umfeld. Ständig sollen wir was lesen, uns “mal gefälligst informieren” bevor wir einfach eine Möhre ins Pferd packen, da ist doch voll viel Zucker drin. Ungesund! Geht gar nicht. Sie sind ständig bei uns. Sobald wir etwas von uns preisgeben. Immer wieder kommt jemand und versucht Druck auf uns auszuüben.
Das geht weiter bei den Hufen, die bitte so zu sein haben, wie bei anderen Leuten, die das ja viel besser machen, bis hin zu unserem Training, unserer Reitweise unserer Reitlehrerwahl und unserem Equipment, unserer Zäumung, unserer Bodenarbeit bis hin zu unserer tierärztlichen Behandlung, bei der uns ständig Leute die Nummern von Geistheilern und Schamanen aufdrängen wollen.
Der Reiter ist 24/7 auf dem Prüfstand. Ich weiß nicht, warum das früher so war. Vielleicht, weil das Internet es eben auch zulässt, dass andere die eigene Reiterei bewerten und sich so viele für das Nonplusultra halten. Früher war es vielleicht einfach so, dass meist der Reitlehrer bestimmte wer das Nonplusultra ist und sich nicht jeder dazu befähigt fühlte, andere Leute zu überprüfen. Doch jetzt, wo ja jeder Sattler, Schamane, Hufschmied, Tierarzt und Reitlehrer in einem ist (denn es gibt ja Google), da kommt der gemeine Reiter scheinbar auf die Idee, dass er andere kontrollieren muss. Wie die Stasi … Nennen wir sie Reiterstasi. Und es nervt.
Manche Leute nervt es so doll, dass sie sich ihr eigenes Hobby kaputtmachen. Denn was auf Facebook und Co. beginnt geht im Stall weiter. Ständig hat jemand was zu kamellen. Wieso eigentlich? Kann man nicht einfach mit dem Auto angefahren kommen, sein Pferd satteln und dann ausreiten gehen? Ne, ach, immer geht die nur im Gelände heizen, doll geputzt hat se auch nicht und das Pferd hat anschließend auch noch böses Mash bekommen und ist gar nicht mehr danach auf die Weide zurückgebracht worden. Hallo? Veterinäramt?
Der Reiter wird ständig erdrückt von den Mitreitern. Und angeblich entstehen aus Druck zwar Diamanten … aber bei Menschen wird das dann doch erst funktionieren, wenn sie vorher Kohle waren. Und das dauert ein bisschen. Lassen wir den Scheiß also doch einfach. Wir sind erwachsene Leute. Ich lasse mich jedenfalls von nichts und niemandem mehr unter Druck setzen. Ist doch mein Pferd. Meine Kohle. Mein Problem.
Foto: Der Elektriker begutachtet das mal.