Das hört aber schlagartig dann auf, wenn er aus der Box, oder von der Weide herunter kommen soll. Ist jemand Neues dabei, packt er nämlich den Lümmel aus. Hat man männliche Gäste, wird gekichert und irgendwie auch im Kopf die eigene Länge mal überschlagen, hat man Frauen dabei, wird verschämt gekichert, oder gar gefragt: Was ist denn das?
Kennt er die Leute bereits, lässt er sein Dingen drin. Das muss irgendein obskurer Gruß sein, der Gottseidank im Rest der Welt unbekannt ist. Er stellt sich jedenfalls sehr gern mit seinem besten Stück vor.
Sind die Leute keine Pferdemenschen, ist er sehr nett, schnuffelt ein bisschen an ihnen herum, lässt sich streicheln und mimt das liebe Pferd.
Sind die Leute Pferdemenschen wird differenziert: Will der nichts von mir? Dann wie bei Nichtreitern fortfahren.
Will der was von mir? Ich bin dagegen!
Er ist ein bisschen wie die Standard-Trollfrau, die es in jeder Pferdegruppe gibt, egal was man macht, er hat in jedem Fall etwas zu meckern. Auch wenn man nur spazieren geht. Wahlweise beißt die Plastikziege, die der Nachbar im Garten aufgestellt hat, dann springt einen das Graffiti an, oder aber es ist zu warm, zu kalt und beim nächsten Mal ist garantiert eh alles anders.
Arbeiten ist nicht. Nicht mit Fremden. Umso schwerer war es schon immer, eine Reitbeteiligung für ihn zu finden. Ich reite vor – er geht nett. Die Reitbeteiligung – völlig egal, wie gut sie wirklich reitet – reitet nach … und es passiert nichts. Entweder er ignoriert einfache Kommandos völlig: Durchparieren? Kann ich nicht. Aber auf der Stelle traben. Oder aber, er straft jede Unsicherheit: War das ein Zügelzuppeln? Da bleib ich stehen!
Er ist dabei nicht ernsthaft widersetzlich. Nur gerade so weit, dass es überhaupt keinen Spaß macht, ihn zu reiten. Aber so gar keinen!
Kennt er jemanden (und mag er ihn) ist das alles überhaupt kein Problem. Aber am Anfang macht er keinen Unterschied, er findet jeden, der irgendetwas mit ihm arbeitet, ob am Boden oder im Sattel, richtig blöd. Und bin ich dann noch mit auf dem Platz wird es ganz gemein, denn Mozart hält da an, wo Frauchen ist und glotzt.
„Willst du wirklich, dass dieser SCHRECKLICHE MENSCH!!!! mich weiter reitet? Sag doch was!“
Auch simples Longieren gestaltet er zu einer Show der Ignoranz, drängelt ganz sachte herein, oder kommt freudestrahlend auf einen zugedackelt, bleibt natürlich fein mit gewissem Abstand stehen, streckt die Nüstern hin und sagt: Streichle mich doch lieber, das finden wir beide besser. Das ist so charmant, dass die Leute da gerne drauf reinfallen. Fällt man einmal drauf rein, hat man das Pferd aber dann auch schon mal aus dem Galopp plötzlich in der Mitte stehen. Ist dann gar nicht mehr SO nett.
So nach etwa zwei bis drei Monaten ist überhaupt an vernünftiges Arbeiten zu denken. Sage ich auch jedem, der über eine Reitbeteiligung nachdenkt. Ich selbst habe wesentlich länger gebraucht, bis das aufgehört hat und er in den Highlander Modus geschaltet hat – Es kann nur ein Frauchen geben.
Verloren hat er zwar einen Reiter noch nie, aber vergrault hat er schon eine Menge. Glaube der sitzt dann abends mit seinen Kumpels am Zaun und lacht sich tot.
Foto: Wir diskutieren sein Benehmen aus.