Beelzebub has the devil put aside for me ~

Irgendwo dort lauert es. Das Monster. Das Monster haben viele im Stall. Es ist das eine berüchtigte Pferd um das sich Mythen und Legenden ranken, gerne garniert mit Schauermärchen (hat schon jemanden totgetreten!). Die Hälfte davon stimmt meist. Dort wohnt irgendwo ein Arschlochpferd. Das war es dann schon.

Manchmal lauert das Monster auch im Rennstall. Berüchtigt war sie, man munkelte, niemand wolle sie überhaupt reiten. Und weil wir ja auch feste Lots hatten, dachte ich, der Kelch geht an mir vorrüber. Bis zu dem Tag, an dem die Kollegin die Sachen packte.

Und dann steht da dieser Name auf der Lottafel (wir kriegen unsere Pferde per Tafel zugeteilt) und du fällst in Ohnmacht. ICH soll DIE reiten? Never. Spontaner Kopfschmerz, vielleicht ein kleiner Brechdurchfall, oder die Mitleidsnummer („Trainer, ich kann doch noch gar nicht so gut reiten …“ „Die anderen machen das schon jahrelang, ich nicht!“) ziehen nicht. Er bleibt knallhart.
Ich muss sein Baby reiten. Sein Baby ist wörtlich, er halt sie selbst gezogen, ganz doll verhätschelt und beobachtet sie mit Argusaugen. Macht die Sache nicht besser.

Böse beobachtet mich die Stute schon aus der Box, mit viel weiß im Auge sieht sie auch, wenn sie lieb guckt, irgendwie irre aus. Wie ein grinsender Massenmörder. Macht aber nichts. Beißt nicht, tritt nicht. Geht doch eigentlich.
Satteln, Aufsitzen, Rausreiten – kein Thema. Beginne mich zu entspannen. Was sollte denn dieses Theater? Die ist doch nett. Stütchen trabt munter hinter den anderen her, steuert sich zwar ein bisschen wie auf Schienen und hat einen flachen Trab, aber das kann es auch nicht sein. Lauscht aufmerksam.
Raus auf die Bahn, ich bin vorne und fliege. Was für ein Galopp. Kein Vergleich zu ihrer garstigen Schwester, die widerborstig gegen den Zügel geht und nur mäkelt. Traumhaft.
Halte am Übergang brav an, wende und komme zurück. Trainer strahlt.
„Die mag dich!“
Ein Lob! Ich glühe, finde mich göttlich, schließe das Monster in mein Herz und lobsonne mich noch ein Weilchen in den anerkennenden Worten meiner Kollegen. So lieb war die ja noch nie.

Ein paar Tage bleibt das so. Der irre Blick schreckt mich auch gar nicht mehr. Ich mag die Stute. Verteidige sie, wenn die Kollegen über sie lästern. Bis zum Samstag. Samstag geht es anders herum auf die Bahn. Passt ihr nicht, das merkt man auch. Wir diskutieren das ein wenig, nichts Wildes, wir springen ab. Die Runde ist in Ordnung. Wir passieren den Übergang und irgendetwas im Hirn der Stute passiert. Sie beäugt den Ausgang auf der Innenseite der Bahn. Und kommt näher. Und näher. Und ich fasse die Zügel rechts nach und sage: Ne, wir wollen da nicht raus.
Trotzdem mogelt sie sich hinüber. Ich greife energischer zu. Wir fliegen am Ausgang vorbei, sie drängelt weiter – und springt dann kommentarlos in die Rails. Es knallt und scheppert, ich schlage mit dem Rücken zuerst durch, falle wie ein Käfer ins hohe Gras und bleibe da liegen. Bin auf die Zigaretten gefallen. Scheiße. Ist mein erster Gedanke. Der nächste ist: Das tut weh! Kann mich aber nicht artikulieren, denn ich japse so vor mich hin.
Wo ist diese verdammte Stute? Sehe sie nirgends. Hoffentlich ist sie WEIT weg gelaufen! Wie kommt man denn auf so eine dumme Idee, sehend in ein Hindernis zu laufen, weil einem gerade danach ist?

Als ich mich wieder aufrappeln kann, humple ich zum Stall und stelle fest: Die Kröte ist immerhin schon angekommen. Der Tierarzt auch, der darf nämlich die große Wunde zusammenflicken, die sie sich in die Brust gehauen hat.
Ich werfe ihr einen bösen Blick zu und stapfe von dannen. Innerhalb des Tages schwillt mein Hintern an (kein Witz) und ich kann weder sitzen noch stehen. Eine astreine Prellung, die mich eine Woche pausieren lässt. Nur um in der nächsten Woche feststellen zu müssen, dass der Stunt nicht gereicht hat, sie von meiner Lottafel zu streichen. Warum? Der andere Kollege klärt mich auf: „Kurva, hat dasselbe einen Tag später noch mal gemacht!“
Ah, ja, vielen Dank.
Trainer fasst zusammen: „Du hast dich von der einlullen lassen. Da muss man immer aufpassen.“

So beginnt mein Kampf mit dem Monster. Mit anderen Pferden gehen ist doof, hinter Pferden gehen ist doof, vor anderen Pferden gehen ist doof, Arbeit reiten ist doof, Schrittreiten ist doof – ihr fällt immer ein, wie man so etwas aufpeppen kann. Party Hard!

Und heute? Heute schreie ich mir die Lunge aus dem Hals, wenn ihre Tochter läuft, lasse mir Fotos schicken, bin wie eine stolze Oma. Ich stehe einfach auf den Teufel in Pferdegestalt. Den Irrsinn vererbt sie übrigens.

Foto: Irgendwo lauert das andere Monster. Tausend Mal schlimmer! Echt jetzt …