Was für Hundebesitzer gilt, gilt für Pferdebesitzer hoch 10! Reiter sind immer total erschrocken, wenn sie hören, was ihr Pferd in ihrer Abwesenheit treibt und sie entschuldigen alles mit dem Standardsatz: “Das hat der noch nie gemacht”. Ja gut … wird’s davon ungeschehen? Nein? Dann ist es doch eigentlich völlig egal, ob er das schon mal gemacht hat – kacke ist es trotzdem! Denn “Das hat der noch nie gemacht” wird ja stets begleitet von einer unmöglichen Aktion auf Pferdeseite. Das nette Schulpferd beißt, die Reitbeteiligung buckelt, bis es kracht, Pferd reißt sich vom Anbinder los, etc.
Häufig hat dieser eine Moment einen Grund. Bremsen an den Weichteilen, schlecht geschlafen, irgendwelche Fehler am Equipment, die dem Reiter nicht aufgefallen sind, pieksig abstehende Nähte, spontaner Militärmarsch auf dem Nachbargrundstück, inklusive Panzerfahrer und Blaskapelle (mein Pferd findet die Blaskapelle schlimmer als jeden Panzer), aber auch das Fehlen von Dingen (jemand hat die Hecke geschnitten), draußen läuft ein Pferd vorbei – wir wissen ja, Pferde haben ganz viele Gründe um durchzuticken. Aber natürlich wissen wir auch, was wir von ihnen zu erwarten haben, man kennt schließlich seine Pappenheimer.
Trotzdem sind wir völlig überrascht, wenn das schlafwandelnde Shetty plötzlich durchgeht und sich seines Reiters entledigt, oder das liebste Pferd, das normalerweise die Kinder schaukelt, jemanden ansteigt. Kein Wunder – das sind wir ja nicht gewohnt. Vielleicht ist das die Pferdevariante von: “Denk dran – ich bin immer noch ein “wildes” Tier – 100% Sicherheit gibt es nie.”
Das ist die eine Variante von: “Das hat er noch nie gemacht.” Dann gibt es da noch die verkappten Hundebesitzer, die zu einem verzogenen Hund gerne auch ein verzogenes Pferd haben. Und diesen Satz scheinbar ganz reflexartig rausblubbern, damit keiner merkt, dass sie einfach in der Erziehung ihrer Tiere versagt haben.
Das ist leider die deutlich häufigere Variante. Während die erste ehrlich überrascht ist (ich glaube, jeder von uns musste das schon mal sagen), weiß die zweite eigentlich, was für ein Mini-Sackgesicht sie sich herangezüchtet haben. Aber entweder haben sie keine Lust, sich um das Problem zu kümmern, oder sie wissen nicht, wie man Abhilfe schaffen kann, oder … es ist ihnen schlichtweg egal, weil das Pferd trotzdem zum eigentlichen “Zweck” taugt. Nach dem Motto: Reiten kann man’s ganz gut, aber anfassen sollte man tunlichst vermeiden, sonst fängt man sich eine.
Zum Glück kennt man im Stall häufig seine Pappenheimer. Man weiß, dass man nicht die dicke Berta mit auf die Weide nimmt, nur weil die Besitzerin so nett fragt, denn die dicke Berta ist nicht nur dick, die macht dich auch platt, solltest du 3 km/h zu langsam laufen. Denn Berta hat weder Erziehung genossen, noch ist sie sonderlich geduldig. Und es wäre nur halb so schlimm, wenn Berta ein Falabella wäre, leider ist Berta aber ein Schwarzwälder. Und zwar keine Torte.
Aber das finden die Besitzer dann immer unverständlich. Wir hatten so eine dicke Berta. NIEMAND, der noch bei Trost war, hat die mit auf die Weide gebracht. Sorry, musste ihre Besitzerin halt mal selber gehen. Sogar der Weidedienst (den man bezahlt hat), hat sich nach drei Versuchen und einem gebrochenen Schienbein geweigert. Muss man erst Mal schaffen, denn Geld regiert bekanntlich die Welt. Jedenfalls stand die Besitzerin dann immer ganz ratlos da und schimpfte auf die bösen Leute. Die Berta hätte doch noch nie was gemacht. Und nur weil da jetzt ein Unfall war, nähme man die nicht mehr mit? Wie unfair.
Als man ihr nahelegte, dass es noch viel mehr Unfälle gab, nur sei der Ausgang nicht so übel gewesen, war sie ganz verwirrt. “Sowas macht die doch nicht.” Ja … doch!
Der Vorschlag: “Erzieh die Berta doch einfach mal!” – kam nicht so gut an. Sie hat lieber den Stall gewechselt.
Foto: Lässt sich momentan verdächtig leicht einfangen. Weiß nicht genau, was da los ist.