Jeder Stall hat sein eigenes Ungeheuer, seinen eigenen Ausbrecherkönig, der ständig für Unruhe sorgt. Und natürlich auch dafür, dass jeder ihn kennt, sodass seine Besitzerin (oder sein Besitzer), ständig mitleidige Blicke, oder aber einen leichten Tadel kassiert, weil das schlaue Pferdchen wieder abhanden gekommen ist.
Es ist ja auch nervig, denn man geht immer mit dem Gefühl in den Stall: Was hat er jetzt wieder verbrochen? So ist der Gang vom Parkplatz durch die Stallgasse schon oft ein Spießrutenlauf, der den Besitzer dazu bringt, sich dahin, wo der Pfeffer wächst zu wünschen. China soll auch ganz hübsch sein.

Was also macht einen Ausbrecherkönig aus? Er geht stiften. Und das mit Tamtam. Manche springen einfach über die Zäune (das ruft immerhin ab einer gewissen Zaungröße noch ein wenig Respekt hervor), es geht durch die Zäune (sehr unbeliebt) oder es macht alles kaputt und nimmt auch noch seine Kumpels mit. Das ist die unerfreulichste Variante und definitiv die Schlimmste, denn dann kann man eine Menge Pferde anschließend suchen gehen.
Die weniger schlimme Abstufung ist nur der Suppenkasper, der Türen und Putzkoffer knackt – ist für die Umstehenden lustig, aber ein nerviges Theater für die Besitzer, die ein Leben im Hochsicherheitstrakt führen, weil sonst das Pferd morgens im Garten steht.

Zäune niedertrampeln ist jedenfalls das Wildeste, was so geht und das machen mit Vorliebe die Pferde, die an Schnellstraßen oder Autobahnen wohnen. Die lieben halt ihr Leben am Limit und möchten gerne einfach auch ein bisschen Adrenalin mit ihren Kumpels teilen. Diverse Feuerwehreinsätze gehen schon aufs Besitzerkonto und dann kommen noch so Schlaumeier daher, die einem erklären, dass das Pferd einfach nur nicht ausgelastet ist. Ja, oder es steht einfach lieber auf dem Grünstreifen der Autobahn. Weiß man nie …

Jeder Stall hat so einen. Früher war es unser Tupfenpony, das übrigens ein Namensvetter vom Arschlochpferd ist und Frau Todesstern. Tupfenpony ist von der Weide abgehauen, Todesstern beim Führen. Ein Traum für jeden. Tupfenpony hat sich das nach einer Weile dann beim Todesstern abgeguckt und war fortan sehr gerne alleine unterwegs. Immer wieder ein Higlight:
„War da nicht gerade ein Pony?“
„Nein, hab keins gesehen.“
Hufgetrappel…
„Okay … KANN MAL JEMAND DEN SAUSACK EINFANGEN?“

Im Rennstall hatten wir den Suppenkasper, der beim Füttern gerne darauf gelauert hat, das der doofe Arbeitsreiter von der Tür weggeht, während er das Futter in den Trog kippt. Da kann man dann auch mal auf Erkundungstour gehen. Vorzugsweise auch in der Innenstadt, oder dem Autobahnzubringer. Allerdings war er da in bester Gesellschaft mit einem Hengst aus dem Nachbarstall, der auf der letzten Weide stand. Und die sieht natürlich niemand. Muss ein Schlangenpferd gewesen sein, denn die Zäune waren nie kaputt.

Dann gibt es noch die Shettys. Und Zäune mit dem Vermerk: Shettysicher. Ich möchte das einmal relativieren: Das gibt es NICHT! Wenn die kleinen Kröten ausbrechen möchten, dann tun die das auch. Mit Vorliebe dahin, wo sie nicht hingehören: Fette Wiesen, Stuten (falls es Hengste sind), oder unbeobachtete Futterkammern. Meist treten die im Rudel auf. Erschreckend!

Und zu guter Letzt haben wir noch die Junghengste. Oder Althengste, die plötzlich und spontan einen Hormonschwung bekommen und jetzt einfach zu den Stuten rüber müssen, auch wenn die Kilometerweit entfernt nur noch am Horizont zu entdecken sind. Übrigens sehen Hengste schlecht. Kann mir anders nicht erklären, wieso unser Hengst spontan ausbrach, nur um total verdutzt plötzlich auf einer Kuhweide zu stehen. Tja, sind etwas komisch gebaut, die schönen Scheckendamen …

Foto: Der hätte das mit den Kühen auch gebracht …