Die Irre und ich sind schon ein merkwürdiges Team, dafür, dass wir vorher gar kein Team waren und jetzt leider auch nicht mehr, weil sie einen neuen Brotjob hat – Fohlen ihren Irrsinn mitgeben.
Dafür, dass sie mich mindestens fünf Herzinfarkte gekostet hat, erinnere ich mich aber sehr gut an sie. Vor allem an sämtliche Aktionen, die aus dieser etwas explosiven Mischung entstanden sind. Diese hier zum Beispiel.
Trainer findet, sie geht nicht klar – Wachstum. Das Übliche eben. Tierarzt kommt und checkt – ja, die macht grad nen Schub. Lass die mal nur Schritt gehen. Jeder Arbeitsreiter hat da bereits schon spitze Ohren. Schritt? Die Irre? Oh, Shit. Es fällt mir zu, das zu übernehmen. Und das gestaltet sich überhaupt nicht einfach, denn die Stute ist so oder so schon mit einer kurzen Zündschnur gesegnet.
Dazu kommt außerdem, dass die Irre klebt, schlimmer als Uhu und zwar an ihrer Boxennachbarin. Die Weiber lieben sich heiß und innig. Die Jungs gehen also mit ihrem Lot auf den Trabring – es fängt an zu nieseln. Ich werde in die Halle geschickt. Die logischerweise ganz woanders ist und der Weg allein kostet mich fünf Jahre meines Lebens.
Ich möchte schnell drüben sein, denn auf dem Weg dahin hört und sieht sie wie die anderen auf die Bahn gehen. Aber die Irre hört ja die Flöhe husten. Und als uns ein böses Eichhörchen anspringt (vielmehr … es kreuzt unseren Weg und lässt vor Schreck eine Nuss fallen), ist dann auch nichts mehr mit: Mal eben in die Halle.
Die Irre rastet spontan aus, steigt und möchte keinen Schritt tun – am Liebsten umdrehen. Erst recht jetzt, denn die Jungs sind gerade an der Bahn angekommen und springen ab. Die Irre fängt an zu schreien – und ganz in der Ferne höre ich, dass ihre Freundin wohl antwortet – ja Rennpferde können das auch beim Trainingscanter.
Von jetzt an bewegt sich die Irre hüpfend. Wie ein Eichhörnchen … Aber immerhin bewegt sie sich hüpfend vorwärts. Allerdings schräg. Ich hoffe, dass meine Arme nicht erlahmen und bete, dass wir früh genug die Biegung zur Reithalle erreichen, dann kann sie die Pferde einfach nicht mehr hören.
Der Gefallen wird nicht erhört, sie macht so viel Theater auf der Stelle, dass sie sehen kann, wie die Pferde in die Gegengerade einbiegen. Bin völlig genervt und erwäge abzusteigen, aber da kommt man ja nie wieder drauf.
Halbtaub bin ich auch mittlerweile, denn sie wiehert so laut und in einer Frequenz, die Glas zerspringen lässt. Ekelhaft. Mir klingeln die Ohren.
Biege im letzten Moment ab, auch wenn hinter mir Dschinghis Khan und seine Reiter über die Bahn preschen. Stute prescht auch los, gottseidank vorwärts statt rückwärts. Allerdings so motiviert, dass ich mir übelst den Kopf an der Hallentür stoße, die sie spontan im Tralopp mitnimmt. Trotz Helm tut das übrigens sehr weh, wenn einen das so unvorbereitet trifft.
Drinnen werde ich angepschtet … toll! Dachte, das gäbe es auf der Rennbahn gar nicht. Trainer mit Jungpferd, das lange stehen musste, ist drin. Also nicht mein Trainer, sondern ein anderer. Das Jungpferd ist übrigens ein Arschlochpferd und tritt sehr gerne um sich. Lerne ich schnell, denn immer wieder scheppert es dabei gegen die Bande. Muss ich euch beschreiben, was die Irre tut? Na, logisch. Ausflippen. Hüpfe von jetzt an nicht nur seitwärts und vorwärts, sondern das ganze auch noch zweibeinig. Schon interessant. Aber die Klappe hält sie endlich.
Die anderen kommen, das weiß ich, weil der Beklopptenradar meines Pferdes wieder ausschlägt. Da nützt auch kein „Pscht“ vom anderen Trainer. Sie kreischt und tobt und gibt auch erst Ruhe, als das erste Pferd sich in die Halle schiebt. Und das nächste … und übernächste. Und dann endlich ihre Freundin. Die Stute trompetet und macht einen Satz auf ihre Freundin zu und klebt sich instant an deren Hintern. Bisschen wie bei einem Magneten. Und plötzlich ist Ruhe im Puff. Alle Pferde ganz manierlich und lieb, inklusive der Irren, die jetzt wirklich Modell Schaukelpferd gibt. Solange ihre Freundin dabei ist, kann die alles.
Trainer kommt angehechelt, mit Regenschirm, während der andere Trainer mit dem Jungpferd die Halle verlässt, was mein Pferd plötzlich nicht mal mehr mit einem Ohrenzucken quittiert, obwohl das fremde Arschlochpferd noch mal zum Abschied gegen die Bande kickt.
„Ohhh …“, macht Trainer. „Die ist ja totaaaal lieb.“
Ja, Trainer … total lieb. Grinse gequält, reibe mir meine starren Hände (ein Milimeter nachgeben hätte einen Renngalopp über den Asphalt und über die Rails bedeutet) und diskutiere nicht mit ihm dadrüber. Prinzipiell deswegen, weil mir immer noch die Ohren klingeln. Die Irre ist jedenfalls jetzt wieder Kirmespferd das nichts tut, was nicht auch der Vordermann tut.
Foto: Gottseidank nicht irre. Nur bisschen doof manchmal.