Ich muss ständig feststellen, dass etwas aus der Mode ist. Ist wohl ein Zeichen dafür, dass ich alt werde. Leider stelle ich dabei aber dauernd mit Erschrecken fest, dass Sachen, die total wichtig sind, aus der Mode kommen und irgendwie verschwinden. Manchmal frage ich mich auch, wo die Leute reiten lernen. Stelle die Frage aber nie. Wahrscheinlich weil ich Angst vor der Antwort: „Das habe ich mir selbst beigebracht“, habe. „Oder gar: „Facebook“, als Antwort bekomme …
Folgende Dinge scheinen aus der Mode zu sein:

1. Warmreiten/ Trockenreiten.
Man kann problemlos nach zwei Runden antraben, das ist völlig überbewertet, auch bei alten Pferden. Man hat ja heutzutage auch nicht mehr so viel Zeit wie früher. Sind die Pferde bestimmt auch drauf gezüchtet in unserer neumodischen, schnelllebigen Zeit. Dasselbe gilt auch für Trockenreiten. Dafür gibt es doch die tollen Abschwitzdecken von Eskiii!

2. Ohne Bügel leichttraben
Was? Kann man das essen? Nein? Dann kenn ich das nicht. Ungefähr so schauen einen die Leute an, wenn man ihnen das mal als Übung vorschlägt. Generell ist Leichttraben ja eh schon etwas, das man nicht macht, weil Keks – die Westernreiter machens ja auch nicht. Hat man mal so gehört. Ob das stimmt, kann niemand überprüfen. Und dann noch ohne Bügel? Wie soll das funktionieren?

3. Bahnfiguren
Sind nur für Eiskunstläufer da. Und so blöde Turnierreiter, Dressurreiten will man ja nicht. Und da Bahnfiguren dazu gehören, werden die auch gerne militant abgelehnt. Ernsthaft, wer nicht mal nen Zirkel reiten kann, aber tausend schöne Schibbi-Schabbis in seiner Kolli hat, der braucht eigentlich doch das Barbie Pferd …

4. Nachgurten/ Gurt lockern nach getaner Arbeit
Wird total überbewertet. Man knallt den Gurt einfach schon am Putzplatz an, denn sich bücken macht ja bekanntlich dick. Und wenn das dann noch ein Kurzgurt ist, an den man gar nicht vom Sattel aus dran kommt, wartet man lieber, bis man mitsamt Sattel runterrutscht, oder zurren den schon vor dem Reiten so fest, dass das Pferd platzt. Und lockern? Nach der Arbeit? Ahwas … das ist doch voll gefährlich. Und überhaupt … schon wieder bücken? Nääää.

5. Stallarbeit machen
Gilt natürlich nicht für Selbstversorger, aber gerade bei Reitschülern ist es erschreckend, wie viele überhaupt schon mal eine Mistgabel in der Hand gehalten haben. Und dann ist da noch die Frage, wie viele überhaupt wissen, wofür die da ist und das Ding nicht für eine überdimensionierte Pommesgabel halten.

6. Anatomie
Was beim Basispass mal Pflicht war, ist heutzutage wohl irgendwie Wissen aus der Steinzeit und kann scheinbar nur auf antiken Steintafeln in südusbekisch nachgelesen werden, denn anders kann ich mir nicht erklären, wieso so viele Leute nicht wissen wo das Pferd sein Knie hat, oder dass die Ganasche nichts mit Gamaschen zu tun hat. Aber Basispass? Wer hört denn da schon zu?

7. Springen
Was? Das ist veraltet? Aber es springen doch so viele? Jaja, das tun sie sehr wohl, aber die sind dann halt auch Springreiter. Gymnastizierend zu springen, um Abwechslung ins Training zu bekommen, das lernen sie alle nicht mehr. Primär, weil den reiterlichen Schissbuxen in jedem Reitstall auch immer nachgegeben wird, wenn sie heulend auf ihrem Dressuresel sitzen und heulen wie ein Schlosshund, weil die Stange auf einer unebenen Stelle mit Hallensand liegt und daher drei Zentimeter höher liegt.

8. Durchreiten
Ja, Durchreiten. Was soll das sein? Na, das Zähne zusammenbeißen und Arsch zusammenkeifen, das den Reitern von heute gerne fehlt. Manchmal muss man sich durchbeißen. Aber nö, das Reiterlein atmet ja schon vermehrt und dann hat sich auch schon eine Schweißperle gebildet. Tausend Ausreden hat der moderne Reiter, warum er nicht einfach mal durchreitet. Er weiß nicht, wann es sinnig ist, sich festzubeißen, um etwas zu erreichen und wann es wirklich mal gut ist. Er weigert sich auch vehement nach einem Sturz aufzusteigen, denn es ist ein Nagel abgebrochen.

Foto: Findet unmodern sein cool.