Manchmal ist die Erkenntnis wirklich toll. Ich bin normal, Jippijajeah! Also abgesehen davon, dass ich die Mistgabel tausche, wenn ich merke, dass ich die klapprige erwischt habe, den Stall nicht verlassen kann, bevor ich nicht die Strohfitzl aus den kleinen Ritzen vor der Box gekehrt habe oder überhaupt nicht damit leben kann, wenn jemand die Steigbügel nicht hochklappt, wenn er den Sattel weghängt. Davon abgesehen, bin ich aber wirklich normal. Das ist eine recht interessante Erkenntnis, denn ich habe mich vorher gar nicht so normal gefühlt.
Das hängt vor allem mit dieser Seite zusammen. Als ich anfing, hatte ich eigentlich gar keinen Anspruch an die Seite, außer zu unterhalten. Okay, mehr Anspruch habe ich tatsächlich immer noch nicht, aber es ist noch ein Punkt dazugekommen, der mir gefällt. Es gibt ja doch noch Reiter, die keine glitzerpupsenden Einhörner haben. Und das auch noch zugeben! Das ist ja heutzutage schon echt selten. Die wissen alles, können alles und machen alles. Während ich dann da sitze und mich frage: Wie bekomme ich mein Pferd dazu, beim Schmied wieder stillzuhalten. Und was tue ich, wenn ich ihn gerade erwürgen möchte, aber meine Hände zu klein sind?
Die Reiterwelt präsentiert sich liebend gern wie das zum kotzen nervende verliebte Pärchen in Papa ante Portas von Loriot, wo sie immer alles gemeinsam machen und gemeinsam natürlich auch gern mal schmunzeln und immer lieb zueinander sind. Und wo natürlich auch nie das Wort Arschloch fällt – denn das ist immer noch böse. So böse, dass ich mindestens alle zwei Wochen noch so einen bescheuerten Post bekomme, wo jemand mir sagt, dass Pferde gar keine Arschlöcher sein können und ich am besten sterben gehen soll.
Und jetzt? Jetzt treffe ich mal auf Leute, die auch von sich sagen, dass sie etwas nicht können. Dass sie ihr Pferd manchmal gerne dem fahrenden Händler mitgeben oder es auf der Autobahn freilassen möchten. Die mit ihren Pferden wirklich arbeiten und trotzdem Rückschritte haben – und das ganz ohne es immer nur auf das arme Tier, das irgendwann mal misshandelt worden ist (ganz sicher natürlich!) zu schieben, das nur genug Liebe braucht.
Oder Leute, die keine Schmusifacebookseite haben. Die Gerten benutzen. Und Gebisse. Oder wissen, wofür Sporen sind (nicht nur zur Misshandlung – Weltbild dahin!). Oder Leute, die mit Kandare reiten. Und Leute, die nicht ihr Pferd ins Matschloch stellen, und es Offenstall taufen, was damit automatisch pferdegerecht ist.
Leute, die wissen, wann es Tierquälerei ist, ein Pferd am Leben zu lassen, obwohl es leidet und das gar nicht erst machen. Oder Menschen, die nicht alles retten müssen, was bei drei auf dem Baum ist. Sogar Leute, die ihr Pferd verkaufen, wenn die Chemie nicht stimmt.
Ja, es gibt sogar Reiter, die Eskiii-Schabbis sammeln und Humor haben! Oder gar keine Eskiii-Schibbi-Schabbis sammeln. Das wusste ich wirklich nicht, bevor ich nicht diese Seite erstellt habe. Denn wenn man sich im Internet umguckt, dann präsentieren sich Reiter ja liebend gern so:
-Facebookseite mit schnulzigem Pferdenamen
-Lustige Videos werden zerrissen, weil das Pferd vielleicht gar nicht seine Einverständniserklärung zum Filmen gegeben hat
-Fehler gibt es nicht (und wenn, dann machen die nur die anderen)
-Pferde sind immer toll und haben immer Recht
-Je mehr Schabbis, desto mehr Liebe
-Pferde werden immer mit Herzchensmileys gezeigt und müssen alle Seelenpferde sein
-Wenn jemand Probleme anspricht, ist das Pferd immer krank und der Reiter ein Tierquäler
-Sport ist Mord
Und dann bin da ich. Und noch knapp 30.000 andere Leute, wie ich jetzt nach über einem Jahr sehen darf. Das ist verdammt cool. Auch, dass ich normal bin. Hatte schon an meinem Verstand gezweifelt.
Merci!
Foto: Schlangenpferd.