… aber das sehen sie nur an hohen Feiertagen oder dann, wenn die Sonne besonders doll scheint. Es gibt zwei Kategorien dieser Besitzer. Die, die sich einfach daran (allerdings nur zweimal im Jahr) erfreuen, ein Pferd zu besitzen, aber einfach niemals selbst im Stall sind. Meist sind die mal geritten und haben jetzt noch dieses Pferd übrig. Da die Leute aber wissen, dass dieses Pferd sie schon mal gar nicht in Vollpensionsställen braucht, kommen sie auch nicht häufiger, die haben das einfach so, zahlen artig Schmied, Tierarzt und Stallmiete und sind sich auch nicht zu fein ordentlich Geld springen zu lassen, wenn das Pferd etwas braucht. Manchmal haben sie Reitbeteiligungen, die alles mit den Pferden machen dürfen und kommen selbst mal, um sich die Fortschritte anzusehen, oder es sind ältere Pferde, die einfach noch alle Jubeljahre mal betüddelt werden.
Und dann gibt es da noch so eine Gattung: Die Sonntagsreiter. Allerdings kommen die nicht jeden Sonntag, nein nur wenn der Mond im dritten Haus des Wassermanns steht. Das Haus steht außerdem in China. Meist haben sie alte Pferde, denn die braucht man ja auch nicht mehr täglich reiten.
Das läuft dann ungefähr so:
Frauchen kommt. Kein Mensch im Stall weiß, wer die ist und man hat nur Legenden über Pferdebesitzer XYZ zu Pferd Horst Günter gehört. Aber hey, die geht zielsicher zu Horst Günters Box, das muss die sein.
Anschließend wird Horst Günter rausgezerrt und zum Putzplatz verfrachtet. Putzzeugs ist 100 Jahre alt und seitdem auch nicht mehr gewaschen. Horst Günter ist übrigens 27 Jahre alt und ein Warmblut. Und wurde das letzte Mal regelmäßig vor 7 Jahren geritten. So sieht er dann auch aus.
Während also Frauchen sich am Pferd zu schaffen macht, öffnet sich auch der verstaubte Spind, von dem kein Mensch wusste, dass der noch irgendwem gehört. Hervor kommt ein alter Sattel, der dem Senior garantiert nicht mehr passt. Pad drunter, ab dafür. Eine alte Trense mit Schnodder aus Mussolinis Zeiten wird dazu gepackt. Sperrriemen bis zum Anschlag und schon ist Frau Sonntagsreiterin weg. Ohne Kappe, ohne alles, schaukelt sie gen Gelände entgegen. Der nette Horst Günter ist so lieb und macht das mit.
Frauchen denkt aber gar nicht daran, altersgemäß zu reiten, oder gar nach seinem Trainingsstand. Ne, da muss auch ein zünftiger Galopp sein. Dafür hat sie ja schließlich ein Pferd! Und es ist doch so schön warm. 30 Grad! Da kann man mal was für die schlanke Linie tun und sich aufs Pferd schwingen. Horst Günter, der nur deswegen rauskommt, weil die anderen Einsteller Mitleid mit ihm haben, freut sich sogar ein bisschen, weil er sich die Haxen vertreten darf.
Klatschnass kommt das Pferd wieder, war ein super Ausritt, Frauchen ist glücklich, hängt alles weg, parkt das Pferd in der Box und verschwindet auffällig schnell, als plötzlich mehr im Stall los ist.
Am nächsten Tag geht es Horst Günter verdammt dreckig, denn der hat den Muskelkater seines Lebens. Versuche, das Frauchen zu erreichen, schlagen fehl, die ist mal wieder nicht zu sprechen. Schon gar nicht für den Stallbesitzer. Dem schuldet sie noch die letzten Schmiedekosten, die er vorgestreckt hat. Außerdem hat Horst Günter vom zünftigen Stoppelfeldgalopp eine Wunde. Die versorgen natürlich andere. Weil sie Mitleid haben.
Das ist nämlich genau das System, das solche Sonntagsreiter haben. Irgendwer wird es schon richten. Ich jetzt nicht, aber die anderen. Und wer würde genau dann seine Hilfe verweigern, wenn es einen nur wenig Zeit kostet und Dinge, die man eh schon da hat? Richtig, ich würde das auch nicht tun. Weil das Pferd nichts dafür kann.
Aber ich hab eine Idee, was man demnächst mal einführen sollte: Rechnung stellen. Für Salben, die man dem Pferd aufschmiert, für den Weideservice, den man ständig macht, oder für Dinge, die man dem Pferd mitbringt, weil es sie schlichtweg nicht mehr hat: Halfter zum Beispiel. Oder einen neuen Trog.
Das Schlimmste ist ja eigentlich: Frauchen ist nicht dankbar. Aber Horst Günter … der ist definitiv der Wichtigere von beiden.
Foto: Gute Nacht.