Ich glaube, vor allem Männer verstehen das Phänomen nicht. Ihre Etepetete Freundin, die den leeren Joghurtbecher nur mit spitzen Fingern anpackt (weil Müll), sich die Nägel hübsch feilt und auch sonst nicht ungeschminkt rausgeht, die geht in einen Stall, läuft durch knietiefen Matsch, der ihr in die Schuhe rinnt, holt Pferdeäppel mit denselben Etepetete Händen aus der Tränke, falls sich das Pferd mal wieder zugeschissen hat und wischt ihm zur Not auch den Hintern, weil es Kotwasser hat. Sie kommt voller Pferdehaare nach drauße, kann sich kaum noch bewegen, weil die Dreckkruste getrocknet ist und nen Ohrring hat sie auch verloren.
Außerdem hat sie Stroh in den Haaren, Scheiße am Schuh und Heu in ihrem Pulli, was sie nie wieder rausbekommt. Denn der war aus Wolle.

Ja … Reiter werden einfach sehr dreckig bei ihrer Sportart. Dafür haben nicht SO viele Leute Verständnis, selbst wenn wir sonst nicht so Etepetete sind, wie in dem überspitzten Beispiel.
Daher verstehen auch Leute nicht, wenn man sagt: „Ne, du, ich kann nicht direkt nach dem Stall mit euch Essen gehen.“
Also ich meine … ein Fußballspieler zieht sich ja auch um und geht mal duschen. Aber wir könnten natürlich auch mit ins Restaurant gehen. Ihr wollt dann nur nicht mehr mit uns gehen, so viel ist sicher. Wenn wir da aufschlagen, eine feine Spur von Matsch hinterlassend, dann guckt schon mal jeder. Sonderlich gut riechen tun wir auch nicht (für uns schon – für euch nein). Wir riechen nach Pferd. Wir verteilen anschließend auch großzügig Pferdehaare und Stroh. Passiert eben. Also wartet doch einfach, bis wir uns mal gewaschen haben und umgezogen sind.

Allerdings gehen wir zur Not natürlich schon irgendwohin. In den Aldi, um noch schnell was einzukaufen, bevor der schließt. Oder mal schnell zum Kiosk. Eben noch tanken. Ich meine: Unsere Reitmode ist ja schon so in der richtigen Mode angekommen, dass wir also gar nicht so extrem auffallen. Wir sind eben nur dreckiger als die anderen Kinder.
Übrigens: Manchmal sehen wir auch verboten aus. Pferd hat Nasenbluten und rotzt uns einmal voll? Kein Problem, damit kann man trotzdem noch schnell Zigaretten holen.
Pferd hat uns von oben bis unten vollgeschnoddert? Komische weiße Flecken auf weißem Shirt? Macht nix, wir brauchen noch Zucker für den Kuchen. Wir waren auf keiner Bukkake Party, keine Sorge. Wir haben nur ein Pferd.

Womit wir auch kein Problem haben: Gute Sachen einsauen. Eigentlich wollen wir gleich auf Ommas Geburtstag. Aber wir müssen auch noch mal schnell in den Stall, Medikamente geben. Da stehen wir in Lackschühchen und Bluse und wenn das Pferd die blöde Paste nicht fressen will, oder an uns abwischt, dann ist das halt so. Wir gucken auch gar nicht darauf, dass wir uns nicht einsauen. Wir gehen zwar mit dem Gedanken in den Stall, vorsichtig zu sein. Aber der ist ungefähr zehn Sekunden in unserem Kopf, dann verschwindet der auch und wir nehmen die größte Matschpfütze mit.
Halb so wild, wir haben schließlich eine Waschmaschine. Wofür ist die denn sonst da?

Jaja, ihr Nichtreiter habt recht. Reiter sind dreckig und stinken. Aber nennt mir doch mal einen Sport, nach dem man locker frisch und sauber, wie ein Rosenduft aus der entsprechenden Location herausschwebt und außerdem noch aussieht wie aus dem Ei gepellt? Und jetzt sagt nicht „Schwimmen“ – das gilt nicht. Sport ohne Wasser bitte. Ist reiten ja auch.
Und falls wirklich jemand der Meinung ist: Doch, doch ich bin danach noch Ausgehfertig, dann wage ich zu bezweifeln, dass es Sport war. Oder euch ist es, wie uns Reitern, manchmal scheißegal, wie ihr ausseht und riecht. Und dass ihr noch eure Sporthose anhabt.

Foto: Meistens hauptverantwortlich, wenn ich dreckig bin.
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