Wir wissen ja: Wenn wir Reiter etwas scheiße finden, kommt ja ständig: Du bist ja nur neidisch. Das muss ich doch empört von mir weisen. Ich kann ja nur auf Sachen neidisch sein, die ich nicht scheiße finde. Wenn jemand einen Hund schlägt, um ihm etwas beizubringen, finde ich das scheiße. Aber bin nicht neidisch darauf, was der Hund jetzt kann. Ich bin auch nicht neidisch auf ein zugeschnürtes Pferd, das mit weggedrücktem Rücken piaffiert – schon mal gar nicht in Hintertupfingen aufm Reiterhof und nur auf einem Video in der MP2.0. Neee, echt. Darauf bin ich nicht neidisch.

Andere Sachen finde ich total super. Und da regt sich dann natürlich auch etwas Neid. Manchmal auf Gegebenheiten (superduper Halle mit total geilem Ausreitgelände), manchmal auf die Pferdequalität, manchmal aufs Equip, manchmal auf die Leistung. Vor allem dann, wenn die Leute viel jünger sind als ich und ich mir denke: Wow, und was hab ich mit meiner Zeit angestellt? Aber hey, ich kann den Erlkönig auswendig! Und habe alle Folgen von Sailor Moon mehrmals gesehen.
Neid resultiert dann aber im Endeffekt darin, dass man sich schlecht fühlt. Weil man selbst was nicht kann oder hat oder sich leisten kann. Und das ist eigentlich total sinnlos.

Fangen wir mal an. Ich könnte natürlich Geld sparen und mir ein anderes Pferd kaufen. Das ist dann ganggewaltig und anders, so wie das von anderen Leuten, auf die ich gerade kurz neidisch war. Aber dann fällt mir wieder ein: Ich mag ja gar keine Warmblüter und bin so ein Vollblutnazi, der sich maximal noch einen Achal Tekkiner kaufen würde … aber da der gar nicht auf der Bahn war … ist er mir dann auch zu langweilig und ich sage das nur, würde es aber nie tun. Neid weg. Frau Arschlochpferd zufrieden.

Equipment … kann ich mir kaufen, wenn ich spare. Aber was soll ich mit einem Hermes Sattel, der coole Flügel hat? Das ist dann doch irgendwie Quatsch. Mehr als ein: Oh, wie cool, das hätte ich auch gerne – ist nicht drin. Denn ich denke dann auch: Wenn’s mich nix kostet ist’s cool, aber Geld dafür ausgeben? Nä … Alle anderen Sachen: Kann ich mir irgendwann kaufen. Bin ja schon groß, kann Geld verdienen und auch sparen. Oder eben auch nicht und habe das, was ich spontan gesehen hab und toll fand, nach nem Monat eh wieder vergessen, weil ich manchmal durch Reizüberflutung zum Urzeitkrebs werde.

Gegebenheiten! Okay, kann man ändern. Ich kann mich auch in einem fancy Stall mit schicker Reithalle einmieten. Aber habe ich darauf Lust? Hat’s Pferd darauf Lust? Eher nicht. Wir zwei sind Gewohnheitstiere, die vor allem gerne in Ruhe gelassen werden. Ein riesiger Stall mit snobbigen Leuten, die nonstop „Arschlochpferd – Das Musical“ – aufführen? Bäh. Immerhin: Auch hier ist der Neid dann ganz schnell wieder weg, wenn man sich mal vor Augen hält, was man dafür erdulden muss in einer großen Anlage zu stehen.

Dann sind da die Leistungen. Andere in meinem Alter turnen beim Bundeschampionat rum, in Aachen, oder gewinnen Gruppe Rennen. Ich nicht. Ja, okay … vielleicht würde ich das, wenn ich nicht noch tausend andere Sachen toll finden würde, denen ich auch Zeit widme. Und wenn ich bessere Pferde gehabt hätte. Aber ich will ja gar keine anderen Pferde als Vollblüter. Und die anderen Sachen, die ich toll finde, mag ich auch nicht aufgeben. Problem gelöst, Frau Arschlochpferd ist nicht mehr neidisch.

Da seht ihr’s – es gibt eigentlich gar keinen Grund neidisch zu sein. Es ist aber auch nicht schlimm, wenn ihr’s mal seid. Am Ende kommt ihr nämlich trotzdem zu dem Schluss: Bei mir ist’s halt anders, aber deswegen ja nicht schlechter. Ich habe was ich habe und ich ändere, was ich ändern will. Und wenn ich mal kurz wieder den Neidgedanken verspüre, überlege ich: Könnte ich das auch erreichen? Ja? Ja, dann mach ich das doch einfach. Nein? Na, was gibt’s dann da zu neiden?

Foto: Planscht im Sand. Foto von Morwen Fotografie