Sein Pferd zu bestrafen … also das ist gar nicht so einfach, denn andere Reiter crashen mir den Post sowieso gleich, weil sie sagen: „Oh Gott, das arme Pferd, das darf man nicht bestrafen.“ Gut, wer nur streichelt, der liest halt grad mal weg.
Ich streichel nicht nur. Was automatisch gleichgesetzt wird mit: Ich verprügel mein Pferd bis es Klump ist. Denn das ist automatisch die Assoziation mancher Reiter.
Erziehungsfragen sind immer heikel, am besten, man äußert sich auch nicht wirklich dazu und macht sein Ding. Denn es kommt immer jemand hin, der es scheiße findet.

Aber wie bestraft man nun wirklich unerwünschtes Verhalten wirklich? Definieren wir das mal: Unerwünscht ist zwar auch, dass mein Pferd mir auf die Pelle rückt, wenn ich es bürste, aber das bringt mich nicht in Gefahr, oder stört mich groß. Also schiebe ich ihn weg und lasse das unkommentiert.
Unerwünscht ist auch, dass er rumzappelt, wenn ich ihm die Mähne mache. Aber tragisch ist das nicht.
Wirklich unerwünscht sind steigen, beißen, treten, umkrempeln, kratzen, kreischen und an den Haaren ziehen. Im übertragenen Sinne. Das sind die dont’s und mein Pferd kennt sie. Überhaupt, er hat noch nie getreten, noch nie ernsthaft gebissen (einmal aus Versehen, da hatte der Stallbesitzer Heu im Arm) und das wars. Umrempeln ist also wenn ein unerwünschtes Verhalten das ich straff sanktioniere. Denn wenn er mich rempelt, dann hat er mir keinerlei Aufmerksamkeit mehr gezollt und das mag ich nicht. Tut auch weh, wenn der ungelenke Schwibbelschwabbel mir in die Hacken springt. Mag ich nicht.

Mein Pferd muss immer rückwärts gehen. Und zwar sofort, sehr drastisch, wenn es gegen eine dieser eisernen Regeln verstößt. Das mag er nicht und er weiß auch, dass es bestrafend gemeint ist. Alles andere wird mit Stimme geregelt. Er ist nicht so einer, der einem offen auf der Nase herumtanzt, der macht mehr so passiv aggressive Sachen, oder versucht sich durchzuschleimen, wenn er irgendetwas entgehen will. Tierarzt totschmusen, oder sich pro Forma auf den Schmied setzen, damit der einfach nicht mehr an den Hufen rumfummelt.

Aber man hat eben auch andere Pferde, die man sich selbst ein wenig erziehen muss. Im Rennstall zum Beispiel. Diverse Junghengste, die gerne irgendwann die Gretchenfrage stellen: „Oh, bin ich stärker als du? Heall, yeah! Ich bin es! Macht’s gut, ihr Trottel!“
Da wird schlechtes Benehmen schneller sanktioniert. Nein, auch Zwicken ist nicht okay. Nein, ich möchte nicht den Arsch zugedreht bekommen, wenn ich deine Box miste. Versuchst du mich gerade an der Kapuze zu packen?
Kurz: Alles, was mich mit angelegten Ohren anspringt, das bekommt Gegenwehr zu spüren. Verbal und körperlich.

Bestrafungen sind immer individuell zu betrachten. Manche Pferde braucht man kaum maßregeln, andere diskutieren und probieren. Auch mit fiesen Mitteln. Das macht natürlich dann weniger Spaß. Schon gar, wenn Leute dann immer mit Klickern, Liebe und Streicheleinheiten kommen. Sagt das doch bitte mal Leuten, die regelmäßig von ihrem netten Pferd angestiegen werden. Die freuen sich ganz bestimmt.
Und dann immer dieses: „Aha, du schlägst bestimmt Kinder, ne?“
Klaro, wenn mein Kind 1,80 groß und 700 Kilo schwer ist, dann hau ich auch das, wenn es versucht, sich auf mich zu setzen.

Dann gibt es aber noch die andere Seite: Die knallt es alle fünf Minuten. Ständig knuffen und boxen die am Pferd rum, obwohl das nur mal das Gewicht verlagert hat. Mit der Ausrede: „In der Natur gehen die ja auch nicht zimperlich miteinander um.“
In der Natur ist der Herdenchef aber trotzdem kein unfaires Arschloch, dass ständig die übelsten Folterinstrumente auspackt, nur weil einer blöd guckt.
Davon ab, versteht ein Pferd einen Menschen als Menschen. Nicht als Pferd. Deswegen hat es nur bedingt Sinn, immer alles mit „Pferde machen das auch!“ zu entschuldigen.

Pferde sind groß und schwer. Reiter sind grundsätzlich kleiner und weniger schwer. Dementsprechend sollte man sich manchmal doch genauer überlegen, was man durchgehen lässt und was nicht. Und wie man das unerwünschte Verhalten unterbindet. Auch wenn das Pferd nicht die Absicht hat, jemanden zu töten, kann es aber genau das.
Bevor man also schreit, „nein, wie kannst du deinem Pferd die flache Hand vor die Brust hauen!“ – sollte man sich erst mal fragen, ob das nicht irgendwo sinnvoll ist. Wer weiß? Am Ende ist es vielleicht doch für mehr gut, als man ahnt?

Foto: Musste rückwärts einparken. Gefällt ihm nicht.