Rente ist ein heikles Thema, aber irgendwann muss man sich als Reiter ja damit beschäftigen: Das Pferd geht irgendwann in Rente. Die einen früher, die anderen später. Aber irgendwann geht es halt nicht mehr, da sind die Wehwehchen zu groß, die Muskeln lassen nach, die Knochen tun weh. Und das ist völlig normal und absolut okay.
Tja, nur leider kann sich ja so ein Reiter nicht immer zwei Pferde leisten, sodass er sich Reitnachschub holt, wenn sein Pferd in Rente geht. Und da fängt der Mist dann an.

Plötzlich muss auch der dreißigjährige, ehemalige Turniercrack wieder ran, den kann man noch mal aufbauen, nachdem man den völlig verfrüht mit 28, dank Schwangerschaft ausgemustert und in Rente geschickt hat. Der war ja gesund, der hat nix – ist bestimmt quasi besser geworden auf der Wiese, Frauchen möchte mit ihren Schwangerschaftspfunden, die sie sich rangefuttert hat, noch ein bisschen im Gelände heizen gehen. Total egal, ob das Pferd Muckis hat. Ein Sattel ist ja auch noch da, der passt, ganz sicher! Hat doch früher gepasst und das Pferd wächst ja wohl auch nicht mehr.

Noch härter trifft es die Frührentner. Eigentlich haben sich ihre Frauchen schon für die Rente entschieden. Aber das Reiten wollen sie auch nicht seinlassen. Nun könnte man meinen, die suchen sich eine Reitbeteiligung, eine Reitschule oder ein Pflegepferd: Aber nein! Hufrolle? Ach, da nehmen wir einfach einen anderen Beschlag, der gerade zur Wunderheiliung beitragen soll, behauptet überall, das der Tierarzt nur zu doof war und reitet sein Pferd, das jetzt zwei Jahre auf der Weide stand, einfach wieder. Bisschen Schmerzmittel rein (muss ja heilen) und dann ist das wieder alles cool.

Solche Geschichten ereignen sich zu tausenden in deutschen Ställen. Und man darf den Leuten ums verrecken nichts sagen. Die haben sich ja immer mit einem Tierarzt besprochen und der hat sein OK gegeben und wenn nicht, dann hat das Gespräch auf telepathischer Eben im Kopf der reitsüchtigen Besitzerin stattgefunden und das muss genügen. Da dürfen Außenstehende keine Meinung zu haben.
Weil das tatsächlich inflationär passiert, bin ich mittlerweile auch super misstrauisch (und tue damit sicher ein oder zwei Leuten Unrecht, aber es ist einfach sehr häufig). Wo ist denn das Problem, einen Rentner in Ruhe zu lassen?
Entweder, weil er nicht mehr reitbar ist, oder einfach zu alt um noch einmal antrainiert zu werden? Wir reden hier ja nicht von alten Pferden, die einfach durchgehend noch gefordert werden, sondern von Pferden die schon 5 Jahre auf der Weide stehen und plötzlich hervorgezerrt werden, weil Frauchen einfällt, dass sie jetzt doch mal gerne über die Stoppelfelder heizen will. Denn Schritt reiten wollen die nie, das ist auch klar.

Und dann erzählen sie uns alle was von Tierliebe, schreien, wenn es wieder mal Fotos vom Trabrennen gibt (musste ich mal zusammenhangslos loswerden, dieses Geheule ist so albern), aber rumpeln alle 3 Wochen mit ihrem Spatopa über den Acker, parken ihn geschwitzt auf der Weide und wundern sich nachher noch, dass das Pferd nicht Danke sagt, weil man es ja alt und krank noch durchfüttert.

Bei Rentnern gibt es halt nur entweder – oder. Nicht Hü und Hott. Das funktioniert nicht. Entweder, ich trainiere meinen Rentner, wenn sich wider aller Erwartungen Besserung einstellt, normal wieder an und habe die Geduld, oder ich habe sie nicht und lasse es einfach. Finde mich damit ab, dass ich dieses Pferd, außer mal zur Weide ohne Sattel, nicht reiten kann. Soll auch ganz schön sein, habe ich gehört. Ich hatte als Kind eine Pflegebeteiligung, die nicht mehr reitbar war. Ich war happy mit der, das kann ich euch flüstern. Die anderen waren auf Turnieren, ich war im Stall und hab sie betüddelt und darauf geachtet, dass ihre Rehe nicht wiederkommt.

Foto: Kein Rentner. aber wäre er gern. Kennzeichen aufschreiben, Leute ermahnen, dass sie keinen Müll auf die Weide werfen sollen – so was halt.