Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht neue Spinner in der Pferdewelt entdecke. Letztens zum Beispiel, da habe ich eine ganz kuriose Sekte getroffen, die meinten, dass alle Sättel mit Kopfeisen den Rücken kaputt machen. Die könnten gar nicht passen. Und der hohe Widerrist ist nicht etwa Anatomie, sondern weil das böse Kopfeisen ALLES drumherum plattmacht. So läuft das nämlich. Ja, liebe Vollblüter mit hohem Widerrist, das liegt nur daran, dass euer winziger Rennsattel alles drumherum plattwalzt. Aber natürlich haben auch andere immer einen kaputten Rücken. Denn das Kopfeisen ist böse und nur der Westernsattel das einzig Wahre (denn in unserer Schwurblerwelt kann der niemals nicht unpassend sein).

Dann ist da natürlich noch die Aufrichtungsgäng mit den Brettpferden und dem Unterhals. Die sehe ich auch ständig. Könnte mein Pferd an einem schlechten Tag da mitlaufen lassen und die würden klatschen. Seitlich wegrennen, mit durchgedrücktem Hirschhals kann der auch. Oder alles fressen, dann würde er zu den Spinnern passen, die meinen, Pferde dürften alles fressen und regulieren sich ja selbst. Da würde er dann stehen, Eistüte und Chips wegsnacken und sich freuen, weil er gar nichts mehr tun müsste. Leider könnte er aber auch nicht mehr so gut gehen, weil ihm dann die Füße wehtäten – ohne Eisen vorne ist bei ihm einfach nichts. Aber gut, die kriegen das sicher hin. Paar Big Macs ins Pferd (Pferd steht auf Big Macs) – das muss gut für ihn sein, wenn er die haben will und voila – danach sind bestimmt auch die Hufe wieder gut.

Oder letztens. Da wurde ich als dummes Ding angepflaumt, weil ich doch glatt gesagt habe, dass Hufrehe mittlerweile auch Wildpferde bekommen. Nein, nein, das bekommen die gar nicht. Haben die Forscher und Studien sich einfach geirrt. Und die Tierärzte natürlich auch. Das können voll schlaue Gurupferdemännlein wiederlegen, ganz ohne einen Tierarztkenntnisse, weil das ja “Pferdeverstand” ist. Gefühlt haben die den aber im Fundbüro nie abgeholt, nachdem sie ihn einmal verloren haben.

Und dann immer diese Deutungshoheit: Nur WIR wissen, wie man mit Pferden umgeht und sie zu reiten hat, blabalbla. Wieso? Wer bestätigt das? Gott? Ein universeller Richter, der auf jeden Fall recht hat? Das fängt ja schon bei gebisslos vs. Gebiss an. Niemand hat absolut recht, wenn es um ein individuelles Wesen geht. So funktioniert das einfach nicht mit dem Pferd. Ich habe recht, wenn ich sage: Mein Pferd geht ohne Gebiss besser. Weil das so ist. Aber ich kann ja auch nur mein Pferd beurteilen. Wieso schreien dann manche ALLE Pferde müssen gebisslos geritten werden? Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Und wenn’s halt immer nur so was Harmloses wäre, könnte man sich ja einfach an den Kopf packen und gut – schließlich wird ein Pferd nicht krank nur weil es gebisslos oder eben mit Gebiss geritten wird.

Aber die ganz krassen Schwurbler, die reiten, füttern und trainieren ja gegen sämtliche wissenschaftlich belegte Fakten. Auf Teufel komm raus. Weil es einfach anders sein muss. Vielleicht ist man selbst irgendwo in einer Sparte nicht glücklich geworden. Vielleicht mal fragen, warum das so ist? Hat man einfach nicht genug aufgepasst? Keine Reitstunden genommen? Sich nicht mal hingesetzt und geübt? Ja, auch reiten, bzw. die Arbeit mit dem Pferd will gelernt sein. Das kommt nicht auf magische Weise einfach über einen, sondern es ist Arbeit – auch für den Reiter. Ist aber natürlich viel einfacher, wenn das Heilsversprechen sagt: Wenn du das Pferd nur machen lässt, was es für richtig hält, ist das total natürlich und du und dein Pferd sind voll glücklich – ja gut. Klingt ja viel einfacher. Aber die glauben scheinbar auch an den Weihnachtsmann, wenn sie solche Märchen auch glauben.

Frage mich schon, warum zum Teufel man zudem so einen Käse erfinden muss, wie das unsere Lieblingsstandardschwurbler gerne tun. Weil man anders sein will als die anderen? Früher haben es ein paar Piercings und gefärbte Haare getan, jetzt muss man dieses krampfhaft anders sein aufs Pferd übertragen. Ganz schön arme Gestalten.

Foto: Von Morwen