Manche Pferde haben es – manche nicht. Bedingt durch meine Arbeit, kenne ich den Derbyjahrgang jedes Jahr recht gut. Ich gucke mich in den Ställen um, höre mir Trainermeinungen an, aber nichts überzeugt mich mehr, als das Pferd selbst. Dafür muss es nichts geleistet haben. Sondern es muss mich nur mal “gefangen” haben. Torquator Tasso begegnete mir also auf der Arbeit. Nicht in persona, nein ich war Derbyvideobeauftragte und trug frühzeitig ein paar Pferde zusammen, die sich in dem Video gut machen sollten. Dabei stieß ich auf ein Pferd, von dem ich hoffte, dass es im Derbyfeld verbleiben würde – Torquator Tasso. Ich sichtete Videomaterial und immer mehr und rechnete und grübelte, wer denn jetzt im Feld blieb. Was mich dazu bewogen hat, ausgerechnet Torquator Tasso im Video zu belassen, ist allein sein Geheimnis.
Zwei Starts – einen gewann er mit bombastischem Speed. Und irgendwas war mit dem schönen Fuchs, dass ich ihn einfach reinnehmen musste. Am Donnerstag vor dem Derby musste ich meine Tipps für den Podcast reingeben und sagte In Swoop vor Torquator Tasso. Einfach so – völlig bescheuert. Da waren hochdekorierte Kandidaten dabei, die bereits Gruppe Rennen gewonnen hatten. Torquator Tasso nicht. Der hatte nur ein popeliges Rennen in Köln gewonnen (“Wen hat er schon geschlagen?”) und ich wurde dezent für verrückt erklärt. Eine Woche später konnte ich huldvoll nickend und winkend in Torquator Tassos Zuchtstätte aufschlagen. Derbysieger war er nicht geworden, aber mit sensationellem Speed auf den zweiten Platz gerückt.
Anschließend durfte ich ihn dann endlich kennenlernen, den Fuchs mit dem Schreibfehler (ein Schreibfehler ist schuld an seinem sehr individuellen Namen) und war dann sowieso hin und weg. Bisschen spezieller, bisschen frecher, genau mein Typ von Pferd. Nach der Taschenuntersuchung bekam ich eine freundliche Kopfnuss und weg war er. Aber nicht für lang. Sein viertes Rennen stand an und mit dabei? Ich natürlich. Ich musste seine Ehre gegen sämtliche Anwesende Gäste verteidigen (“Doch, der kann das bestimmt!”) und dieses Bummelrennen brach mir echt das Herz. Viel zu spät setzen sich die deutschen Pferde in Bewegung, Torquator Tasso kämpft, aber die Taktik gewinnt den Großen Preis von Baden und er wird nur Dritter. Beim vierten Lebensstart.
Sein fünftes Rennen konnte ich wieder nur am Bildschirm sehen. Und dieses Mal wurde nicht diskutiert, alle waren der Meinung, dass es nur einen geben könne – der Gruppe 1 Sieg war in greifbarer Nähe, man musste ihn nur noch nach Hause reiten. Und das tat der Jockey. Torquator Tasso holte sich den Großen Preis von Berlin und erklärte klipp und klar, wer der beste deutsche Dreijährige ist – er und sonst niemand.
Seinem sechsten Rennen fieberte ich entgegen, wie schon lange keinem Event mehr. Und als es in den Zieleinlauf geht, sind die Ausländer vorn und die Kamera schwenkt ein Stück, sodass man Torquator Tasso nicht mehr sieht. Aber dann zeigt er das, was an diesem Pferd so beeindruckend ist und die Augen des Betrachters gefangen nimmt – seinen Speed. Ein roter Blitz schießt am Feld vorbei – vom vorletzten Platz kommend! Torquator Tasso marschiert. Aber nicht allein, denn Sunny Queen geht mit. Und sie streckt sich. Noch ein bisschen mehr als Torquator Tasso mit seiner hin und wieder eigenwilligen Art zu laufen. Er verliert an dem Tag mit einer Halslänge.
So und nach meiner Wahlrede müsst ihr jetzt einfach für ihn stimmen. Na, gut … für Quian und Sunny Queen auch. Die besprechen wir ein anderes mal.
Foto: Der Schnellste (und der Schönste)