Es kommt eine Zeit im Leben jedes Todessterns, da muss die Matte ab. Aus verschiedenen Gründen. Vielleicht, weil sie nicht mehr aussehen soll wie Zottie, das Urvieh, vielleicht, weil sie heute abend nicht mit aufs Black Metal Konzert darf, vielleicht auch, weil eine Reitabzeichenprüfung ansteht. Und der Todesstern hat, nachdem ich das Eis gebrochen habe, durchaus ein paar Leute durch die Springprüfung geschaukelt (nur nie wieder durch die Dressur, ich glaube, da hatten dank mir alle zu viel Schiss).
Problem: Der Todesstern ist auch wie ein zickiges Mädchen bei Heidi Klums Fleischbeschau und möchte sehr gerne ihre lange Mähne behalten. Oder vielleicht will sie auch einfach nicht zu viel angetatscht werden. Ist auch egal. Es ist Krieg! Die Haare sollen ab. Und nicht nur das, anschließend gibt es auch noch affige Zöpfe.

Das kann doch gar nicht so schwer sein, denke ich mir. Hat ja vorher einfach nur noch keiner gemacht. Entsprechend male ich mir das so aus: Ich flechte ein, stelle Pferd in Box, komme morgens wieder, vielleicht sind ein paar Zöpfe auf, aber das ist ja nicht so schlimm. Also bin ich spät abends im Stall. Da ist es ruhig, sind ja nur die Abendreiter da.
Ich hole den Todesstern – sichtlich irritiert – ab und fange an zu putzen. Hole mir anschließend die Aufsteighilfe (die ist historisch, die habe ich glatt noch auf einem aktuellen Bild gesehen … das verdammte Teil überlebt wahrscheinlich auch einen Atomkrieg).
Da fängt es schon an. Todesstern findet das scheiße. Nach dem Motto: „Du sollst nicht größer sein als ich! Und sie fängt an mich von dem Hocker zu schubsen. Immer wieder. Bis ich böse werde: „Himmelherrgott, jetzt bleibst du aber stehen.“ Ich dirigiere zurück, verklickere ihr noch mal, was ihr blüht, wenn sie weiter beim kämmen stört und stelle mich wieder auf die Aufsteighilfe.

Okay, durchgekämmt. Todessterns Laune senkt sich dem Nullpunkt entgegen, als ich das Verziehmesser ansetze. Hilfe, Hilfe, diese Frau will mich schlachten, sie hat ein Messer! Madame tänzelt also blöde herum. Während ich versuche eine halbwegs gerade Linie zu verziehen. Sieht scheiße aus. Ist ja auch kein Wunder, Frau Todesstern ist ja eigentlich ein Nazghul Pferd und die müssen ja nicht top frisiert sein.
Ich begutachte mein Werk und denke mir: Naja, wenn’s mal geflochten ist, dann sieht das ja keiner mehr. Ich kann sie sowieso nicht zum Stillhalten bewegen. Außerdem zieht sie immer gegen, wenn ich mit dem Messer komme. Weil das ja wehtut … in ihrem Kopf. Haare tun aber nicht weh. Echt nicht. Nicht mal in der Ostwindreiterei behaupten Leute, dass es Pferden wehtut, wenn man ihnen die Mähne verzieht.

Als ich mit den Gummis wieder auf die Aufsteighilfe klettere, hat der Todesstern vergessen, was ich über Pendelbewegungen und Geschubse gesagt habe und fängt mit beidem wieder an. Bin kurz davor die Aufsteighilfe nach ihrer schwarzen Birne zu werfen, unterteile aber mit schalem Lächeln stumpf die Mähne für die Zöpfe. Der Todesstern stampft und schimpft. Das möchte sie nicht. Leider schafft sie es weder ihre Mama anzurufen, noch mich bisher loszuwerden. Es ist ne Mähne, Pferd! Das tut nicht weh, dafür muss man nur mal 30 Minuten stillhalten. Die hat ja eh nicht viel davon. Aber nö … passt ihr nicht. Weil ich höher als sie stehe, weil ich zu spät am Tag da bin, weil sie eben der Todesstern ist.
Innerlich erwarte ich übrigens Rache morgen in der Prüfung. Nimmt sie – unerfolgreich.

Ich fange an zu flechten. Und stehe mittlerweile ziemlich mit dem Rücken an der Wand. Die Aufsteighilfe lässt sich nicht mehr zurückschieben, weil dahinter Mauer ist. Macht aber nix, Todesstern hält endlich still. Ich bin offensichtlich an dem Tag geistig umnebelt, weil ich hätte merken müssen, dass da was nicht stimmt. Und als so die Hälfte durch ist, findet sie doch noch einen Weg sich dem unliebsamen Friseurtermin zu entziehen. Sie kommt näher. Und näher. Und quetscht mich dann mit ihrem fetten Vorderteil an die Wand. Ich komme nicht weg und wenn ich wegkommen würde, dann nur Richtung Hinterteil – und ganz ehrlich, ich trau ihr dort hinten nicht weiter als ich einen Stein werfen kann (was nicht weit ist).
Ich starte einen Befreiungsschlag, ranze das Pferd an, wehre mich mit dem Bein, das sie wegpufft und pfeife sie so zusammen, dass sie mich wieder freigibt. Ich klettere für die letzten Zöpfe wieder rauf, Todesstern kommt näher. Die wills heute wissen. Aber Moment … das können wir auch anders regeln. Gehe zurück zum Spind und hole Blauspray. Als der Todesstern wieder näherkommt, sprühe ich sie an und Schwupp – was habe ich plötzlich viel Platz. Dirigiere sie einmal komplett herum, dass sie jetzt mit der Seite an der Betonwand steht und siehe da: Ich darf dann auch die letzten Zöpfe einflechten. Wäre mir das mal früher eingefallen …

Ps. Sie hat sich nicht gewagt, einen der Zöpfe noch mal zu öffnen. Eventuell, weil sie immer noch Angst vor dem Blauspray hatte.

Foto: Perfektes Barbiepferd. Mit seiner Mähne kann man alles machen. Und ihn auch besprühen. Ist ihm scheißegal.