Heute machen wir mal was Schönes. Also, weil momentan natürlich gar nichts schön ist. Man mag ja morgens überhaupt nicht mehr den Fernseher oder das Informationsmedium seiner Wahl anmachen, weil alles einfach jeden Tag gruseliger wird. Darum sagen wir das Wort jetzt auch einfach gar nicht, das tun eh schon alle. Wir machen heute was Schönes. Wir gehen zusammen ausreiten. Wie im Kindergarten. Traumreise. Kennt ihr nicht? Augen zu … ne, Moment … ach, das ist blöd. Augen wieder auf, sonst könnt ihr nicht lesen. Macht euch nette Musik an. Wir gehen ausreiten. Ohne Sicherheitsabstand.

Unser Weg führt uns vom Hof runter. Bestes Frühlingswetter. Die ersten Hummeln Summen den Pferden um die Ohren. Mir auch. Deswegen seht ihr mich vielleicht panisch zappeln, mit der Rennpeitsche wedeln, oder direkt losgaloppieren. Wir mögen keine Insekten. Also ich und das Pferd. Er, weil er Angst hat, dass die ihm in die Ohren kriechen – ich, weil ich blöd im Kopf bin.
Ohhh, ich sehe den Fjordi hinter mir. Den Mitläufer. Wenn einer spackt, spackt der mit. Wer von euch war das? Fjordi und englischer Grafenspross mähen mal kurz eine wilde Schneise durch die Ausreitgruppe, aber da ist ja zum Glück der dicke Schimmel, der die Gang zusammenhält und bei dem sich mein Pferd dann fein beruhigen kann. Und der Fjordi bremst auch wieder.

Auf in den Wald, da gibt es eine schöne Trabstrecke. Die sollte doch kein Problem für uns darstellen, wir sind ja alle zivilisiert. Im Gänsemarsch hintereinander her? Nein! Ahhh, ich sehe da so einen Fuchs, der trabt. Sehr schnell. Könnte wohl ein Traber sein, der sich herausgefordert fühlt? Nur: Da sind auch noch zwei Rennpferde in Disguies (einer im Körper eines SEHR schweren Warmbluts mit Totilas-Lack) und eine Stute. Woran ich die erkenne? An der schlechten Laune im Gesicht und dem unbändigen Willen, dem Traber jetzt mal die Hufe zu zeigen. Die drei Fetzen einmal durch unsere gesittete Trabrunde und warten dann schon mal auf den Rest, der sich davon so halbwegs stören lässt. Der Araber da hinten nicht, der Friese da auch nicht, der mampft gerade im Vorbeigehen einen halben Ast mit Eichhörnchen.

Und der Haflinger geht nebendran nur Schrab. Der ist sehr empört darüber, dass wir jetzt nicht galoppieren. Das wiederum heizt drei Vollblüter auf, die sich über diese langsame Veranstaltung ärgern. Können wir mal bitte durch? Wir sind Rennpferde. Dem Ausspruch schließen sich verdächtig aussehende Quarter, ein Kaltblut mit Identifikationsstörungen und ein Schecke unbekannter Herkunft an. Es wird gerannt? Her mit dem geilen Zeugs! Mein Pferd galöppelt so hinterher, die zu überholen ist ihm zu anstrengend. Während ihn langsam schon das Kaltblut überholt, dessen Reiterin die Finger wehtun.
Der Rest schüttelt mitleidig die Köpfe und bleibt dann doch lieber im Schritt. Gruppengalopp ist ja nicht für jeden was. Alle zum Schimmel, der macht das schon.
Während also die ganze Galopperbande (die gar nicht alle Galopper oder gar Vollblut sind), wieder anhält, um sich dem Rest der fröhlichen Runde wieder anzuschließen, bemerkt mein Pferd, das wir gerade galoppiert sind und sieht jetzt plötzlich nicht mehr ein, warum man damit aufhören sollte. Der Quarter stimmt dafür und dann macht es WUUUUUSCH und die halbe Ausreitgruppe sprengt in Richtung Waldrand. War da doch glatt ein Reh, das sich gewagt hat, dem reitenden Mob die Stirn zu bieten.

Der Spanier hinten links klebt schon am Baum und möchte bei Mama auf den Arm. Der Welsh möchte bitte aus dem Kinderparadies abgeholt werden und wo ist eigentlich der Haflinger? Und warum sehe ich jetzt drei Leute zu Fuß? Hatten wir immer schon mehr Reiter als Pferde? Na, ja … bisschen Schwund ist immer. Mit euch kann man aber auch wirklich nicht ausreiten!

Foto: Ich glaube, er hat Kühe gesehen …