Ab in die Gesprächsrunde, das Sofa wartet schon. Denn heute wollen wir mal über Warmblüter sprechen. Jaja, genau die. Trakehner, Hannoveraner, Oldenburger, Holsteiner … so was eben. Denn irgendwie hört man über die mittlerweile nur Schlimmes: Sind alle blöd und langsam, kann man nur in der Halle reiten, sind so spritzig wie eine frustrierte Frau mit intimer Trockenheit und vor allem haben die ja ständig Schiss. Die werden nämlich nur geritten, niemals am Boden gearbeitet, oder irgendwie anders bespaßt. Außerdem können die nur strampeln und Rollkur. Anders kann man ein Warmblut ja gar nicht mehr präsentieren. Und dann diese Besitzer: Alles Turnierreiter ohne Sinn und Verstand.
Deswegen müssen wir heute mal über Warmblüter reden und vor allem darüber, was sie nicht sind:

– Warmblüter sind keine Hallenpflänzchen
Jedenfalls nicht öfter, als andere Rassen. Ich kenne auch genug Westernreiter, die nicht ins Gelände gehen, damit ihnen bloß kein Trainingstag flöten geht. Entsprechend muss so ein Warmblut halt auch einfach nicht in der Halle geritten werden, wenn man was anderes machen möchte.

– Warmblüter sind nicht ständig krank
Und da schreien sie gleich: Aber die werden immer eingedeckt und eingepackt und sind ja überhaupt keine Robustrasse. Als würde das für alle gelten … Tatsache ist aber, dass die jetzt auch nicht kränker sind, als andere Pferde.

– Warmblüter sind nicht doof
Sie diskutieren nur nicht zwingend alles. Was jetzt kein Indikator dafür sein sollte, ob ein Pferd doof ist. Meiner fragt ständig und der ist definitiv nicht die hellste Kerze auf der Torte. Und kein Warmblut sondern muss ja zwingend hyper intelligent sein, weil er ja ein Vollblut ist.

– Warmblüter kann man nicht nur Dressur reiten
Und wenn man nur tüddeln will – wieso nicht? Man kriegt ja keinen Arbeitsvertrag zum Pferd dazu, der besagt: So, künftig musst du Hallenhalma machen und darfst nie wieder was anderes tun, weil du ein Warmblut gekauft hast. Soll man sich ja kaum vorstellen, aber es gibt Warmblüter in Reitpferderennen, Warmblüter im Westernsport (und davon ab, sind Quarter auch nur f…ing Warmblüter), Warmblüter im Distanzsport, Warmblüter in der Bodenarbeit und vor der Kutsche. Why not?

– Warmblüter sind nicht schlechter am Boden ausgebildet als Westernpferde
Heutzutage ist doch Bodenarbeit so hip, da kommt auch das gemeine, total englisch gerittene Warmblut in den Genuss einer Bodenarbeitsstunde. Und longieren gibt es auch schon seit ein paar hundert Jahren, dafür mussten nicht erst die Cowboys aus Amerika rüber reiten. Sagen wir mal: Manche sind anders ausgebildet. Aber so ein Warmblut kann man halt auch herumdrehen, weichen lassen, oder mit Seilchen um sich rumschleudern. Es is’n Pferd! Hat vier Beine. Geht problemlos.

– Warmblüter sind nicht langsamer als andere Pferde
Weder im Denken, noch in ihrer reellen Geschwindigkeit. So viel Blut wie die meisten haben, sind die durchaus Reaktionsschnell wie ein Quarter und zügig, wie ein Vollblut, das gleich laufen darf. Die schlimmsten „Renner“ die ich je geritten bin, waren Warmblüter ohne einen Tropfen Blut, die genau wissen, wo die Galoppstrecke anfängt. Mein Vollblut muckt sich da nicht.

– Warmblüter kann man nicht nur in der Box halten
Wer das Gerücht verbreitet, gehört echt geschlagen. Wo ist das Problem, dass die im Offenstall stehen? Selbst wenn sie Turniere gehen? Die können doch stehen, wo sie wollen. Hauptsache, es passt zu den individuellen Bedürfnissen des Pferdes.

– Man ist nicht automatisch aufm Turnier platziert, nur weil man ein Warmblut reitet
Das Gerücht hält sich auch hartnäckig. Am liebsten unter Ponyreitern, oder Vollblutreitern. Gewiss gibt es da auch ein paar Arschlochrichter. Aber die Mehrheit richtet halt immer noch nach: „Scheiß Vorführung – Scheiß Note.“ Denn scheiße reiten kann jeder.

Foto: Kein Warmblut. Aber er wäre manchmal gerne das Klischeewarmblut.