Karnevalszeit, Weihnachten, oder irgendwelche Feiern – es gibt immer einen Anlass für ein Pas de deux. Meistens bin ich ja auch fein raus, mit mir reitet das niemand freiwillig. Ich muffle aber nicht, ich habe nur komische Pferde. Blöderweise eilt der Ruf auch nicht meilenweit und dann gibt es Leute, denen ist das drissegal, ob ich ein Monster dabeihabe, oder nicht, die bestehen da drauf. Vor allem an Karneval … vielleicht liegt das am Alkoholkonsum.

Ich habe heute den kleinen Assi dabei. Denn der Schimmel bügelt alles platt, wenn der mal wieder auf die Nase fällt und der Rest … ja, der kann auch nicht mehr als Schritt, Trab und Galopp. Da wird der Tanz zu zweit irgendwie lepsch.
Meine Mitreiterin hat dafür ein kilometergroßes Schlachtschiff, dass einer recht bekannten Dressurreiterin im Ort gehört. Da muss sich der Assi anstrengen. Dooferweise sieht der aus, wie der missratene, sehr mickrige Bruder des Schlachtschiffs und ist auch nur halb so lang.
Außerdem sind wir ja nicht die einzigen, die ein Pas de deux aufführen. Ist ja schließlich ein „Wettkampf“.

Die anderen Paare diskutieren schon: „Was ziehen wir denn an? Hast du eine blaue Schibbi-Schabbi?“
Wollen die jetzt die Schibbi-Schabbis anziehen? Wir sehen uns etwas ratlos an.
„Hast du was Weißes?“
„Nein.“
„Hm … hast du was Schwarzes?“
„Nein … aber ich hab braun!“
Wir einigen uns auf braun. Nicht ohne, dass ich mir eine Schabracke leien muss, denn ich habe gar keine. Ja wirklich, bis zum ersten eigenen Pferd hatte ich genau eine Schabracke und die ist blau. Und die habe ich auch noch.

Während die anderen Pferde zu Viva Colonia durch die Halle hopsen, gehen wir auf den Platz. Wo ich ständig das Schlachtschiff davon abhalten muss, den Assi umzunieten, wenn es an die Trabverstärkung geht.
Und der Assi ist auch nicht dazu zu bewegen, auf Schulterhöhe neben dem Schlachtschiff zu bleiben. Die macht ihm Angst. Obwohl er sonst nicht so ist … aber die ist ihm zu viel Pferd.
Ergo pöbelt sich das Schlachtschiff durch unser Pas de deux und der Assi versucht möglichst viel Abstand zu bekommen. Wir einigen uns auf Gerten. Passt zum Gesamtbild und begrenzt.

Am Tag der Karnevalsreiterei fällt uns auf: Wir haben ja gar keine Musik. Muss das mit Musik sein? Oh … Mist. „Was hast du im Auto?“ – „AC/DC?“
Na, besser als meine Auswahl, ich fahre nämlich seit geraumer Zeit nur eine Samsas Traum CD spazieren und wenn die mich vorher noch nicht für bescheuert gehalten haben, tun sie es nach „Ein Foetus wie du“ – im Golden Nugget Remix ganz sicher.
Finde unter dem Sitz zwar noch eine zerkratzte gebrannte CD, traue mich aber nicht, die abzugeben. Könnte Industrial sein.

Wie lustig alle anderen auch gekleidet sind. Wir beschränken uns darauf, unsere Jackets falschrum anzuziehen und uns einen lustigen Hut aufzusetzen, die wir im Reiterstübchen gefunden haben. Karneval ist irgendwie anstrengend.
Es wird gesattelt, wir hören schon die Hupfdohlen in der Halle, dann ein Aufschrei, Musik bricht ab und Pferde im Galopp. Na, ja … passiert halt mal.
Als wir an der Halle ankommen, mit unseren lustigen Hüten und den falschrumen Jackets (was echt dumm aussieht und auch stört), räumen da gerade ein paar Leute die Trümmer der Anlage weg.

„Was’n hier los?“, fragt meine Mitreiterin etwas verwirrt.
Unser Stallbursche nimmt einen Schluck Bier. „Das Dressurpferd hier … das Teure … na, du weißt schon. Das von der B. … das ist in die Anlage gehüpft. Hat nen Kratzer und das Kind plärrt.“
Erklärt auch, wo alle Leute sind. Bestimmt gaffen.
Sehe aber das Kind gleich darauf. Es ist unverletzt, es heult nur. Aber Mama schimpft doll mit dem Organisator. Wie denn diese böse Anlage da so unbeteiligt in der Ecke stehen kann. Die müsse man doch irgendwohin tun, wo kein Pferd hinkommt. Denn hinter ein paar Hütchen, wo man NICHT langreiten sollte UND ein paar Stangen, die man ebenfalls zur Begrenzung hingelegt hat … nein, da kann man keine Anlage hinstellen. Das versteht doch kein Mensch.

Wir reiten unser Pas de deux in himmlischer Stille – wenn man mal von Mutterns Gemecker und Drohungen absieht.
Wenn keiner zuguckt, klappt das plötzlich auch. Bin aber doch ein bisschen sauer. Jetzt habe ich mir ganz umsonst die fesche, braune Schibbi-Schabbi geliehen.

Foto: Mit dem besser auch kein Pas de deux.