Der Sperrriemen ist ein heikles Thema, bei dem sich Reiter so was von in die Köppe kriegen, dass es nicht mehr feierlich ist. Früher war er an so ziemlich jedem Reithalfter zu finden, mittlerweile verschwindet er. Nicht, weil man ihn vielleicht nicht brauchen könnte, sondern weil er böse ist. Wer ohne reitet, reitet gleich viel pferdefreundlicher. Wer mit reitet, ist ein Verbrecher. Ich erinnere mich jedenfalls gut an meine Bilder mit Sperrriemen. Sogar aus 10 Kilometern konnte man erkennen, dass da nicht nur ein Finger, sondern auch ein Baguette, ein Babyelefant und ein Zeppelin durchgepasst hätten.
Aber nein! Böse! Ich Tierquälerein. Ob ich denn nicht wisse, woher der kommt? Und wie ich es nur wagen kann (so als sonstiger Gebisslosreiter), dieses Folterutensil zu benutzen. Na, ganz einfach. Der war noch dran. Also an meiner Trense. Deswegen habe ich den zugemacht. Sieht doch sonst doof aus.
Da gibt es gleich den nächsten Herzinfarkt. Unreflektiert einfach zuschnüren (ich wiederhole: Finger, Baguette, Zeppelin und BABYELEFANT! RADSCHLAGEND!) – das hat man doch gern.
Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich weiß, was so ein Sperrriemen macht. Ich kenne auch die Geschichte mit dem Militär und den Kieferbrüchen – und dass man Sperrriemen damals anders verschnallt hat als heute (sieht man tatsächlich sehr selten).
Allerdings soll es ja noch Leute geben, die das ganze nicht knalleeng verschnüren, sodass das Pferd aussieht wie ein Rollbraten, oder Christian Greys Opfer auf Extasy. So what? Ein korrekt verschnallter Sperrriemen stört erstmal gar keinen. Außer, man ist bei der Fraktion: Alles Schlampen, außer Mutti & alles scheiße außer mich!Dann ist natürlich auch der Sperrriemen immer böse. Und Luft kriegt das Pferd auch keine. Weil … weil das durchs Maul atmet? Setzen, sechs.
Aber es ist ja nicht nur der Sperrriemen böse, diverse Reithalfter sind es ja auch gleich. Das mexikanische hat ja auch so fiese Strippen, die Reiter ja auch übers Maul verschnallen. Und dann auch noch das Hannoversche! Buhu! Das geht doch nicht. Frage mich zwar, warum das Pferd bei einem korrekt verschnallten Reithalfter keine Luft mehr bekommen soll, oder aber, wie es das Maul nicht mehr öffnen können sollte … aber … was weiß denn ich schon? Ich mache ja auch einmal im Jahr eine Trense mit Sperrriemen auf mein Pferd. Quasi eine Stufe mit Mussolini und Stalin.
Das ist also die eine Seite. Dann ist da aber auch noch die Seite, der wir es zu verdanken haben, dass man heutzutage nicht ungestraft mit einem korrekt verschnallten Sperrriemen rumjuxen darf. Die Rollbratenfraktion. Ich frage mich immer, wie die das Ding so fest bekommen. Selbst zierlichste kleine Mädchen ohne Muckis können ein Sperrriemen anknallen, dass er einer Atombombe standhalten könnte. Wieso eigentlich?
Na, weil das Pferd halt sperrt. Warum es sperrt, ist eigentlich egal, das soll den Scheiß gefälligst lassen. Die Fraktion nimmt dann gerne auch das Argument her: Da liegt das Gebiss ruhiger. Aber das würde ja vor allem bei korrekter Verschnallung nutzen. So liegt nicht nur das Gebiss ruhig, sondern gleich alles. Inklusive sämtlicher Gesichtsmuskeln bis hin zu Lähmungserscheinungen. Und der Sabber tropft munter auf die Brust. Sieht man gleich, dass es ordentlich gearbeitet wurde, Mensch.
Reiter sind halt strange. Gurte müssen eng sein. Sieht man ja schon häufig an Kehlriemen. Normalerweise habe ich mal gelernt, dass da ne Menge Finger platzfinden sollten. Heutzutage werden die auch schon eng gemacht. Was lernen die eigentlich in der Reitschule? Klatschen? Oder ist das der Tatsache geschuldet, dass ein Großteil der Reiter denkt, man bräuchte nur das Internet um reiten zu lernen? Klar, dass man auf einem schönen Halsringvideo nichts zur korrekten Verschnallung von Reithalftern, Sperrriemen und Co. lernt. Na, Hauptsache, der Rollbraten vertraut mir. Aber der soll auf Fotos nicht so hässlich die Schnute aufklappen. Deswegen doch lieber Sperrriemen.
Ich habe mir sogar extra noch mal meine alten Kinderreitfotos angeguckt. Die Pferde, die überhaupt damals einen getragen haben, die sahen irgendwie nicht so aus, wie man das mittlerweile landläufig bei der Rollbratenfraktion so sieht. Entweder waren die Leute also entweder nicht so stark um das anzuknallen, oder man hat den korrekten Umgang mit Utensilien noch gelehrt. Aber da saß man halt auch nicht im Wallakleid auf dem Pferd mit Halsring und ritt in den Sonnenuntergang.
Foto: Wenn er noch langsamer geht, dann läuft er rückwärts