Ihr kennt sie alle, ihr hasst sie alle und sie regen garantiert dazu an, zu fragen: „Sind denn schon Ferien?“ Irgendwie wollen Reiter viel lieber etwas Besonderes sein. Denn es ist viel zu langweilig einfach nur ein Pferd zu haben und zu reiten. Dabei gibt es ja unter diesen „langweiligen“ Geschichten auch richtig schöne Sachen – nur ist das diesen Leuten nicht genug. Vielleicht haben die auch nur einfach zu viele Pferdebücher gelesen, die auch ständig nach Schema F laufen, oder zu oft die Wendy gelesen, wo solche Sachen tot thematisiert werden. Dabei fand ich ja schon als Kind diese so dick aufgetragenen Geschichten blöd und habe lieber so stinknormale Sachen gelesen (erinnert sich noch jemand an die Kurzgeschichte in der Wendy: Das Wolkenpferd? Ein stinknormales Pferdeleben – aber absolut zum heulen).
1. Das Märchen vom wilden Hengst
Immer hat jemand, der ganz schlecht damit umgeht, einen Hengst. Der hat auch immer eine super Abstammung, deswegen ist er ja noch Hengst. Außerdem muss betont werden, wie wertvoll der ist. Und immer kommt ein kleines Frauchen daher, die sich ins Herz des Pferdes schleicht und ihn dann als einzige reiten kann. Und dann will der böse Besitzer das Pferd verkaufen, weil es ja doch reitbar ist. Märchenende geht meist variabel aus.
2. Das Märchen von den Tierschutzaktionen
Manchmal muss das Frauli einfach erzählen, wie gut es zu Tieren ist. Dann kommt eine der zahllosen Tierschutzgeschichten, wo sie angebliche Profireiter vom Pferd ziehen, oder sich eine wilde Schlägerei mit Tierquälern liefern. Frag mich immer, wie oft das wohl passieren soll, wo man doch nie davon liest. Ich wette, selbst wenn auf unserem Popelsturnier sich welche kloppen, stünde das am nächsten Tag in der Lokalzeitung.
3. Das Märchen vom bösen Bereiter
Ist meist eine Mischung aus Geschichte 1 und Geschichte 2. Nur ist hier einer konkret Schuld: Der Bereiter. Immer. Der ist böse. Gerne auch Alkoholkrank. Und der haut entweder alle Pferde ganz doll oder den armen Hengst. Weswegen der ja so schwierig wird. Und dann kann man Märchen 1 und 2 direkt mit aufzählen. Ist das nicht toll? Okay, laut unseren Märchentanten lauert auch in jedem zweiten Turnierstall der böse Bereiter, der die Pferde verhaut.
4. Das Märchen vom Pferderipper
Ich kann es nicht mehr hören. Niemand will einsehen, dass Pferde sich gegenseitig oder ganz allein verletzen. Nein, es ist IMMER der verdammte Pferderipper. Der gibt halt auch einfach eine wunderbar gruselige Komponente ab und wenn man auf Facebook ein Foto teilt mit Rippervermutungen, dann bekommt man auch so viele Likes und wird ganz berühmt, weil der Beitrag so oft geteilt wird. Ha! Der Traum jeder Märchenprinzessin.
5. Das Märchen vom Nobelpferd und den Neidern
Ist ein nicht ganz so häufig wiederkehrendes Märchen, aber ich habe es ungefähr sechs Mal schon in verschiedenen Abwandlungen gehört und musste mich sehr zusammenreißen, es nicht selbst zu Ende zu erzählen. Irgendwer hat ein Pferd. Das ist quasi der heilige Gral unter den Pferden. Abstammung und so, kommt natürlich auch aus irgendeiner zwielichtigen Sache, weswegen es nichts mehr tut. Und jetzt hat Frauli dieses Wunderpferd und ALLE wollen es kaufen. Dieses nicht gerittene Pferd ohne Papiere, das aber in ihrem Kopf Papiere hat. Und wenn die Neider das Pferd nicht bekommen, dann lassen die die Wut an ihr aus. Zerschneiden Zäune und klauen Sachen. Ja, so wird das BESTIMMT gewesen sein. Paranoid?
6. Das Märchen vom Retterpferd
Ich will nicht bestreiten, dass ein Pferd in der Notsituation auch mal hilft, aber meistens dann doch eher nicht. Es ist nicht Lassie, hat nicht zwingend einen Beschützerinstinkt und rennt auch nicht zur Polizei und Feuerwehr. Macht es einfach nicht. Es holt keine Kinder aus dem Brunnen, es hilft nicht alten Ömchen über die Straße und es schlägt auch nicht böse Taschendiebe in die Flucht. Zufällig, oder aufgrund von Charaktereigenschaften, KANN man aber schon mal solches Verhalten ins Pferd interpretieren.
7. Das Märchen vom dankbaren Pferd
Haaaaach – das kennen wir doch. Grundsätzlich sind vor allem ehemalige Schlachtpferde dankbar, weil die auf jeden Fall wissen, dass sie tot wären, wenn Frauli nicht gekommen wäre. Moment – doch nicht. Das ist nicht das Konzept, das ein Pferd verfolgen kann und möchte. Weil es so nicht funktioniert. Trotzdem ist es dankbar. Wenn man sich draufsteht und das Pferd es zulässt. Wird dann immer betont. Und wenn man dann sagt: Na, das Pferd hat ja auch gelernt, dass es okay ist, wenn man draufsitzt kommt ein Empörtes: „Neeeeein! Das ist dankbar.“ Ja, gut … wenn du das sagst?
Foto: So langsam ist der Winter da.